Die Ilocos-Region im Nordwesten der Philippinen ist voller Widersprüche. In der Kultur der
Ilocanos treffen jahrhundertealte Traditionen auf die Einflüsse der modernen Hauptstadt Manila
agrarischer Pragmatismus auf christliche Gottergebenheit. Victor ist ein Kind dieser Welt.
Nachdem sein Vater die Familie für eine neue Frau verlassen hat lebt der Junge mit der Mutter
Bruder Raffy und seinen Großeltern in bescheidenen Verhältnissen in einem kleinen Haus am
Quinarayan-Fluss. Die Jahre seiner Jugend sind gezeichnet von familiärer Geborgenheit aber
auch von Verunsicherungen aufgrund des niedrigen sozialen Status der Familie und dem frühen
Bewusstsein für seine Homosexualität. Diese zwei Faktoren prägen Victors Leben dem der Roman
bis ins mittlere Alter folgt - in die Metropole ins Milieu greller Schlagzeilen und des großen
Geldes in düstere Rattenlöcher trunkene Aha-Momente schwule Badehäuser und trügerische
Episoden des Glücks. Am Ende führt der Weg jedoch zurück nach Ilocos. Wo sich ein Kreis
schließt und eine Lücke füllt aber die alten Widersprüche dennoch bestehen bleiben. Die acht
konzisen Kapitel in "Der Junge aus Ilocos" beleuchten schlaglichtartig unterschiedliche Phasen
in Victors Leben - von frühen Aufbrüchen über die erste Liebe bis hin zu zweifelhaften Erfolgen
und der Ernüchterung danach. In Victors Erfahrungen und Begegnungen spiegeln sich teils die
Spannungen der philippinischen Gegenwartsgesellschaft teils die Biografie des Autors wider.
Blaise Campo Gacoscos nahm sich jedoch bewusst Freiheiten bei der Zeichnung seiner Hauptfigur.
"Ich habe mich für die Romanform entschieden weil ich Charaktere erschaffen wollte die mir
selbst helfen den Sinn des Lebens zu begreifen" schreibt er in seinem Nachwort.
Bezeichnenderweise lässt er die Geschichte mit einem lakonischen Witz enden in dem all das
mitschwingt was den Roman generell auszeichnet - Abgeklärtheit Melancholie und ein kleines
Augenzwinkern.