Am 01. Dezember 2009 trat nach langen Verhandlungen der Lissabon-Vertrag der Europäischen Union
in Kraft. Er brachte auch für den Bereich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik einige
beachtenswerte Neuerungen und Reformen mit sich. Das Vertragswerk war jedoch im Bereich der
Außen- und Sicherheitspolitik in vielen Ausführungsbestimmungen bewusst vage oder offen
gehalten worden. Zentrale Bereiche wie der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) befanden sich
noch in der Umsetzung während der Vertrag schon in Kraft getreten war da die genauen
Ausführungsbestimmungen erst noch zäh ausgehandelt werden mussten. Den Nationalstaaten ist es
dabei gelungen ihre dominante Position in der Außen- und Sicherheitspolitik noch auszubauen.
Gleichzeitig wurde durch den Vertrag aber auch die Position der Hohen Vertreterin für die
Außen- und Sicherheitspolitik die gleichzeitig stellvertretende Kommissionspräsidentin also
eine supranationale Funktionsträgerin ist gestärkt. Die durch den Lissabon-Vertrag forcierte
außen- und sicherheitspolitische Struktur- und Entscheidungsfindungsaggregation soll überdies
zu mehr Kohärenz und stringenterem Handeln der EU beitragen und richtet damit den außen- und
sicherheitspolitischen Fokus noch mehr als bisher auf Brüssel. Somit verlagert sich das
europäische sicherheitspolitische Handeln auch wenn es um die Vertretung nationalen Interesses
geht zunehmend in die belgische Hauptstadt und damit in einen europäischen Kontext. Hieraus
ergeben sich nicht nur zahlreiche Implikationen für die sich verändernde Formulierung und
Umsetzung nationaler Außenpolitiken sondern auch verschiedene soziale institutionelle
technische psycho- und soziologische Prozesse und Vorgänge die mit Brüsselisierung und
Europäisierung umschrieben werden können und welche die Politik beeinflussen. Wohin aber führt
diese sich verändernde Art der Politikformulierung und -gestaltung? Welche Auswirkungen hat die
zunehmende Einbettung souveränen mitgliedsstaatlichen Handelns in einen europäischen Rahmen
der explizit die Einflussnahme supranationaler sowie nicht-staatlicher aber an zunehmender
Integration interessierter europäischer Akteure einschließt? Wird sich dadurch schließlich doch
analog zu anderen Politikbereichen in der EU die Integration verstärken und die Außen- und
Sicherheitspolitik langsam aber stetig vergemeinschaften und schließlich in eine Sicherheits-
und Verteidigungsunion münden? Bei der Beantwortung dieser Fragen werden zwei Strukturen in den
Mittelpunkt gestellt die in Schlüsselstellungen wesentlich an der Entwicklung einer umfassend
handlungsfähigen europäischen Sicherheitspolitik mitwirken: Das Politische und
Sicherheitspolitische Komitee (PSK) als der Motor der GSVP und die Europäische
Verteidigungsagentur (EDA) als die zentrale Koordinierungsstelle der zukünftigen europäischen
Fähigkeitsentwicklungen. Diese zentralen Akteure sollen dahingehend untersucht werden ob von
ihnen Impulse für eine Weiterentwicklung und Vertiefung der Integration ausgehen und sie zur
Festigung des zwischenstaatlichen Paradigmas in der Außen- und Sicherheitspolitik beitragen
können.