Kennzeichnend für das Fertigungsverfahren Spitzenlosschleifen ist die gleichzeitige Bearbeitung
und Führung des Werkstücks an seiner Mantelfläche. Bei der simultanen
Einstechschleifbearbeitung von unterschiedlichen Werkstückdurchmessern mit gestuften Schleif-
und Regelscheibensätzen treten unterschiedliche Relativgeschwindigkeiten zwischen den
rotierenden Körpern auf. Im spitzenlosen Durchlaufschleifprozess ergeben sich ebenfalls
aufgrund der Werkstückdurchmesserabnahme entlang des Schleifspalts und der hyperbolischen Form
der Regelscheibe Relativgeschwindigkeiten zwischen Werkstück und Regelscheibe. Eine
kontrollierte und konstante Abrollbewegung wie sie zwischen Regelscheibe und Werkstück
gewünscht ist kann somit prinzipbedingt nicht an allen Kontaktstellen gleichzeitig auftreten.
Eine Relativgeschwindigkeit zwischen Werkstück und Regelscheibe verringert in beiden
Prozessvarianten die Reproduzierbarkeit sowie Stabilität des Prozesses und wirkt sich negativ
auf die Qualität der Bauteile aus. Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung
eines Prozessmodells zur Beschreibung der Kräfte und Werkstückgeschwindigkeiten beim
spitzenlosen Einstech- und Durchlaufschleifen. Zur Erreichung des Ziels wurden Randbedingungen
und Berechnungsgrundlagen erstellt die in Form eines Prozessmodells die Beschreibung der
Prozesskräfte und Werkstückgeschwindigkeiten beim spitzenlosen Einstech- und Durchlaufschleifen
ermöglichen. Die Reibbedingungen zwischen Werkstück und Regelscheibe stellen eine wesentliche
Eingangsgröße des Prozessmodells dar die im Vorfeld unzureichend erforscht waren. Es wurde ein
neuartiger Versuchsstand entwickelt und verwendet mit dem das Reibverhalten zwischen Werkstück
und Regelscheibe bei unterschiedlichen Prozessbedingungen experimentell ermittelt und als
Eingangsgröße für das Prozessmodell zur Verfügung gestellt wurden. Anschließend wurde der
Einfluss der Regelscheibengeometrie auf die Werkstückgeschwindigkeit diskutiert und das Profil
der Regelscheibe für das spitzenlose Durchlaufschleifen optimiert um ein Steuern der
Werkstückgeschwindigkeit zu ermöglichen und die Lebensdauer der Regelscheibe zu erhöhen.
Abschließend wurde das Prozessmodell für profilierte Werkstücke im Einstechschleifverfahren
sowie zylindrische Werkstücke im Durchlaufschleifverfahren angewendet und validiert.