Der Werkzeugverschleiß ist neben den Zerspankräften der Spanform und der Oberflächengüte eines
der wichtigsten Kriterien zur Beurteilung der Zerspanbarkeit. Insbesondere in der
Hartbearbeitung kommt dem Werkzeugverschleiß eine zentrale Bedeutung zu da dieser zum einen
die Bauteilrandzone und zum anderen die resultierende Oberflächenqualität maßgeblich
beeinflusst. Ziel der vorliegenden Arbeit war es ein Simulationswerkzeug zur qualitativen und
quantitativen Verschleißvorhersage von cBN-Schneidwerkzeugen bei der Hartbearbeitung zu
entwickeln. Durch eine systematische experimentelle Analyse sind zunächst die relevanten
Einflussgrößen auf den Werkzeugverschleiß von cBN-Schneidplatten beim Hartdrehen des
Einsatzstahls 16MnCr5 identifiziert worden. Im Rahmen der Modellbildung zur Simulation von
Werkzeugverschleiß erfolgte die Modellierung des tribologischen Beanspruchungskollektivs beim
Orthogonaldrehen (2D) und Außenlängsdrehen (3D) mit Hilfe der Methode der Finiten Elemente. Im
Anschluss an die Simulation des tribologischen Beanspruchungskollektivs wurde ein geeignetes
Verschleißraten-Modell ausgewählt an die Anforderungen der Hartbearbeitung angepasst und
schließlich in die User-Subroutine der verwendeten Software implementiert. Mit Hilfe des neu
entwickelten Ansatzes zur Simulation des Freiflächenverschleißes konnte ein gleichmäßiger und
ebener Materialabtrag an Haupt- und Nebenfreifläche im dreidimensionalen Werkzeugmodell
berechnet werden. Für den industriell relevanten Schnittgeschwindigkeitsbereich konnte dabei
eine sehr gute Übereinstimmung hinsichtlich der prognostizierten und der experimentell
ermittelten Werkzeugstandzeit erreicht werden. Bei höheren Schnittgeschwindigkeiten fiel die
Abweichung zwischen Simulation und Experiment zunehmend größer aus. Die Erweiterung des
bestehenden Verschleißraten-Modells um diffusionsbedingtem Verschleiß führte in der Simulation
zu einer deutlichen Genauigkeitssteigerung. Das Potenzial der Verschleißsimulation zur Prognose
des Kolkverschleißes wurde mit einer ersten Testrechnung zum Spanflächenverschleiß belegt. Ein
weiteres Ziel dieser Arbeit war eine Methodik zu entwickeln die die Vorhersage von
hartgedrehten Oberflächen unter besonderer Berücksichtigung des Verschleißzustandes der
simulierten Werkzeuge ermöglicht. Auf Basis der verschlissenen Werkzeuggeometrie für die zuvor
eine Verschleißsimulation durchgeführt wurde generierte die entwickelte Oberflächenroutine das
resultierende Oberflächenprofil und berechnete automatisch die Oberflächenkennwerte Ra und Rz.
Wie die experimentelle Evaluierung zeigte war es möglich den Zusammenhang zwischen der
verschlissenen Schneidkante und Oberflächenprofil im Modell richtig abzubilden.