Welchen Restriktionen waren Geschichtswissenschaft und Geschichtsschreibung in der
Vergangenheit unterworfen? Hof- und Staatshistoriographen gelten als prominentes Beispiel für
politiknahe Historiographie. Die Neuerscheinung von Wolfgang Neugebauer untersucht die Praxis
herrschaftsnaher Geschichtsforschung und -erzählung am Beispiel der amtlichen Historiographen
Preußens seit dem 17. Jahrhundert und zwar unter Erschließung umfangreicher Hintergrundquellen
bis hin zu dem berühmten Professor Leopold (von) Ranke (1795-1886). Das Ergebnis ist
erstaunlich: Lange Zeit waren die Herrscher Brandenburgs und Preußens wenig interessiert an
demonstrativer Historizität. Sie wussten dieses doch zeittypische Instrument von Politik noch
gar nicht zu gebrauchen. Das ändert sich im 19. Jahrhundert. Doch eingebundene
Staatshistoriographen wie Ranke wussten sich zu wehren. Es war ein stiller und letztlich sehr
erfolgreicher Kampf um die Freiheit des Wissenschaftlers. Das Buch richtet sich an Fachpublikum
und zugleich an eine weite interessierte Leserschaft. Es bietet Einblick in die
Geschichtsschreibung dreier Jahrhunderte und wirft vor allem auf Leopold von Ranke
Gründungsvater der modernen Geschichtswissenschaften ein neues Licht. Einmalige bislang
unveröffentlichte Quellen ergänzen den Text. Es handelt sich dabei um die als verloren
geltenden Korrespondenzen Rankes mit Bismarck und den führenden für die Geschichtspolitik
zuständigen Beamten Preußens. Zwei Dutzend unbekannte Ranke-Briefe und eine Denkschrift Rankes
für Bismarck betreffend Hardenberg gehören zu diesem neuen erstaunlichen Quellenfund.