Die Uhr tickt läuft durch einen offenbar ganz normalen Tag einen Dienstag. Von dessen Morgen
an bis in den Abend springt Dierk Wolters' Erzählzeiger zwischen sechs Mitgliedern einer
Familie hin und her läßt in einem family stream of consciousness hören was sie umtreibt. Wie
uns alle. Aber Dierk Wolters kratzt in seinem zweiten Roman mehr als einen repräsentativen
Wochentag frei. Vom Großvater bis zum Nesthäkchen von mütterlichen Versorgungssorgen bis zum
Ärger im Altenheim von Freizeitsport bis Berufsnot reichen diese inneren Stimmen und
selbstverständlich nehmen sie auch einander aufs Korn. Unabhängig davon ob es sich um einen
Gedankensplitter eines der Familienmitglieder oder um eine innere Suada handelt die teils
amüsant teils tiefgehend teils bestens vertraut teils schrullig sind - interessant ist es
vor allem das zu belauschen was zwischen den Figuren geschieht. Oder eben nicht. Denn zwischen
den Rede- und Denkzeiten welche Dierk Wolters seinen Figuren einräumt wird dieser Roman
bedenklich im Wortsinn: Es gibt uns zu denken wie wir unsere Leben zu organisieren versuchen
wie wir »miteinander« zu leben meinen wo doch Mutmaßung und Selbsteinredung an die Stelle von
Gespräch rücken wie unsere gesellschaftlichen Funktionen und Positionierungen uns letztlich
mehr voneinander trennen als uns in Beziehungen zu setzen wie stark Nähe und Distanzierung
Fremd- und Selbstbestimmung in unseren einzelnen Köpfen virulent ist dort aber feststeckt -
und uns voneinander fernhält. In den Sprüngen welche uns Dierk Wolters an der Uhr seines
»Dienstag« abzählt zwischen den protokollierten Stimmfetzen wird dieser Roman zum Chronometer
für vertane oder lebenswert gemachte Lebenszeit. - Es ist also Dienstag ...