Suicide by Cop die von einer Person provozierte eigene Tötung unter der Ausnutzung stets zur
Verfügung stehender Polizeibeamten ist ein Kriminalitätsphänomen das sich seit ca. drei
Jahrzehnten in der Öffentlichkeit durch Darstellungen in den Medien präsentiert. Es steht im
aktuellen kriminalpolitischen Kontext des Themas Gewalt gegen Polizeibeamte und durchaus auch
Gewalt durch Polizeibeamte. Die Diskussion um die Zunahme von Messerangriffen ist ein Aspekt im
Rahmen dieser. Empirische Forschungsergebnisse liegen vornehmlich aus dem angloamerikanischen
Sprachraum vor. Aus Deutschland wurden in Form der sog. Pilotstudie mit der der
Betrachtungszeitraum von zehn Jahren (2008-2017) und der Untersuchungsraum Niedersachsen
erfasst wurde empirische Forschungsergebnisse erstmalig durch die Autorin präsentiert.
Methodisch stand eine Justizaktenanalyse ergänzt durch eine Dokumentenanalyse im Vordergrund.
Während einerseits mittels eines überwiegend deskriptiven Vorgehens das Fallaufkommen
determiniert und kategorisiert wurde (u. a. quantitative Erhebung von personenbezogenen und
situationsbezogenen Faktoren) wurde auf der anderen Seite bei deutlich zu determinierenden
Fällen mittels qualitativer Inhaltsanalyse die mögliche Motivlage extrahiert. Im Ergebnis
wurden 90 (Verdachts-)Fälle hinsichtlich verschiedener Faktoren zum Thema Suicide by Cop
determiniert und vertieft untersucht. Direkt an die beschriebene Pilotstudie knüpft die
vorliegende Studie an. Vom Design her besteht nahezu kein Unterschied zu der ersten Studie.
Damit werden im Ergebnis wertvolle Ergebnisse für den weiteren Forschungslückenschluss im
Bereich des Kriminalitätsphänomens Suicide by Cop geliefert und ergänzend bietet sich ein
Mehrwert durch den gezogenen Ergebnisvergleich und zudem unter der Betrachtung vor dem
Hintergrund veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen. Diese ergeben sich vor allem aus
den Ereignissen der Coronapandemie und dem Kriegsausbruch in Europa. Im Untersuchungszeitraum
von 2018 bis 2022 konnte bei nahezu identischen Selektionskriterien eine erhöhte Fallanzahl
festgestellt. Insgesamt wurden 250 versuchte SbC-Verdachtsfälle determiniert und analysiert.
Zahlreiche dieser Fälle sind textlich aufbereitet sodass dem Leser ein facettenreicher
Einblick in die Phänomenologie des Suicide by Cop gewährt wird.