Turnverein und Jungfrauenkongregation - das waren die Gegenpole in Winzingen in den ersten
Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Als 1901 Winzingen mit einem - nicht gerade im Ort gelegenen
- Haltepunkt an die neue Eisenbahn Süßen-Weißenstein angeschlossen wurde war dies für das an
der Nordseite des Albtraufs gelegene Dorf eine Zeitenwende. Immer mehr der Einwohner waren
nicht mehr in der Landwirtschaft beschäftigt sondern wurden Industriearbeiter. Das hatte
Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben im Dorf denn die Arbeiter waren nicht mehr
ausschließlich vom traditionell katholischen Umfeld beeinflusst sondern progressiven
sozialdemokratischen bis linken Ideen ausgesetzt. In diesem Zusammenhang stand auch der
Gegensatz zwischen jenem dem Arbeitermilieu entstammenden Turnverein und der vom Pfarrer zur
Wahrung der Sitten als Gegenpol gegründeten Jungfrauenkongregation. Im dritten Band der
Ortschronik Winzingen »So lebten unsere Vorfahren« beschreibt Bernardin Schellenberger
ehemaliger Seelsorger in Winzingen die Zeit des 20. Jahrhunderts und greift damit vom
Erfahrungshorizont unserer Vorfahren bis in den unserer Eltern und der heutigen Winzinger aus.
Durch wirtschaftlichen Strukturwandel und die Folgen der zwei Weltkriege veränderte sich im 20.
Jahrhundert nicht nur das Lebensumfeld der alteingesessenen Winzinger entscheidend. Die ganze
Gemeinde wandelte sich durch den Zuzug vieler Neubürger die heute ein fester und geschätzter
Bestandteil des Donzdorfer Ortsteils Winzingen sind.