Nichts als Raum Licht und Farbenfülle! Das ist meine erste Erinnerung an den Kölner Dom.
Bereits als Ministrant im Kölner Dom faszinierte mich das bunte Licht in diesem unfassbaren
Raum. Ja es waren weniger die besonders gestalteten Bilderzählungen vom Leben Jesu oder der
Heiligen der Märtyrer oder Könige die mich anzogen. Vielmehr beeindruckten mich die leuchtend
bunt durchstrahlten Glasmosaiken die für diese besondere Atmosphäre sorgen. In den
Morgenstunden scheint das Licht der Sonne die Luft im Hochchor der Kathedrale geradezu
einzufärben. Eine Kathedrale des Lichts die nur noch aus himmelragenden Pfeilern besteht die
wie Zeltstangen die diaphanen Wände des Lichtes ordnen und gruppieren. Ein mit der Verwendung
von Weihrauch noch zu steigernder Effekt - hier wird das Geheimnis der verborgenen und dennoch
erlebbaren Gegenwart Gottes im Kirchenraum und in der Liturgie greifbar und erfahrbar. Eine
weitere Erfahrungsebene wird erreicht wenn der geduldige Betrachter dann hoch oben die Inhalte
der dargestellten Szenen erkennt: Lichtvolle kirchliche Verkündigung verschmilzt mit
lichtvoller Gestaltungskraft und vereint sich zu dem was die mittelalterlichen Menschen als
ein Abbild des himmlischen Jerusalems empfanden. Der Mensch selbst wird mit dem Licht Gottes
durchstrahlt und so - immaterialisiert - in die göttliche Sphäre der himmlischen Stadt gehoben
die von Gott her auf die Erde herabkommt. Diese Bindung an den architektonischen Raum und
dessen Prägung durch die Modulation des Fensterlichtes in Stärke Brillanz und Farbigkeit ist
das entscheidende Wesensmerkmal der Glasmalerei. Allein eine gute Malerei die Wahl schöner
Farbgläser oder eine künstlerisch versierte Komposition sind dabei aber noch nicht Garant für
ein gelungenes Gesamtkunstwerk. Ein solches sind die Fenster im Kölner Dom aus den
unterschiedlichsten Epochen: Ob bei den mittelalterlichen Bibelfenstern in denen Inhalte in
allen ihren Details aus der Ferne kaum entziffert werden können oder bei dem neuen
Südquerhausfenster das der Maler Gerhard Richter mit 11.000 Farbtäfelchen im geplanten
Zufallsmuster gestaltete: Entscheidend ist der erzielte Farbklang im Raum. Dies ist der Grund
weswegen die Glasmalerei in Kirchengebäuden ihr ureigenes und hauptsächliches Anwendungsfeld
findet. Dort entwickelte sie sich in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts im Rheinland und den
angrenzenden Gebieten zu besonderer Blüte. Hier verlangten die überdurchschnittlich vielen
Kriegszerstörungen neue Gestaltungsentwürfe entstanden viele Siedlungserweiterungen in deren
Kontext Kirchenneubauten künstlerische Neuschöpfungen ermöglichten. Ein Weiteres kommt hinzu:
Die Tendenz der Moderne zur Abstraktion eröffnete in jener Nachkriegsepoche auch Künstlern die
bis dahin als Maler unterwegs waren die Tür zur Glasmalerei. Der Fokus vieler Gestaltungen
richtete sich in jener Zeit eben nicht vorrangig auf das figürlich Dargestellte. Das Arbeiten
mit Farbflächen die durch ein Bleirutennetz gefasst werden führte zu einer Weiterentwicklung
moderner künstlerischer Positionen. Die ganz eigenen aus der Tradition historischer Stile
überkommenen Gesetze der Glasbildnerei führten dabei zu außergewöhnlichen faszinierenden
Gestaltungen. Dass die Glaskunst hierbei auch ein Bekenntnis zu den damals verpönten Begriffen
Ornament Handwerklichkeit und Auftragskunst verlangte konnte den Siegeszug der Glasmalerei
nicht aufhalten. So fällt dieses Sujet gleichsam aus der Zeit und ist dennoch aktuell wie nie:
namhafte Künstler streben Gestaltungsaufträge in Kirchen an. Die Vielzahl aktueller
Veröffentlichungen von Künstlermonografien und Ausstellungen von Bildbänden und Kunstführern
belegen das Interesse einer weiten Öffentlichkeit an diesen Kunstwerken und ihren Schöpfern. Es
scheint mir wichtig dass die Glaskunst die sich zumeist in öffentlich zugänglichen Gebäuden
findet auch öffentlich wahrgenommen wird .