ERFINDUNG UND WAHRHEIT - VOM SERIELLEN UND FRAGMENTARISCHEN Es gibt niemals nur eine Sicht der
Dinge. Was sich wie eine Tautologie auf die Binsenwahrheit von den drei [sic!] Seiten der
Medaille liest - und sich im tagtäglichen Umgang der Menschen miteinander ungezählte Male
bewahrheitet - stellt tatsächlich ein kennzeichnendes Merkmal des OEuvres von Markus Lüpertz
dar. Und beschreibt vielleicht eine der Grundwahrheiten seiner Kunst überhaupt. Denn für
Markus Lüpertz gibt es niemals nur ein Bild eine Figur einen Gedanken das zu malen die zu
formen oder den zu denken sich als einziges lohnte. Schon früh entwickelte Markus Lüpertz
diesen Hang zum Ausholen zum Umkreisen von Themen und (vielfachen) Durchleben von Ideen.
Deshalb gibt es so gut wie keine solitären Werke. Jede öffentlich gemachte (das heißt aus dem
Atelier entlassene) Bild- oder Skulpturenidee jede Grafische Folge wird von umfangreichen
Serien in verschiedensten Medien begleitet findet sich - mal mehr mal weniger eindeutig -
zitiert in anderen Serien und Medien wieder ist letztlich selbst Teil einer Serie. Das konnte
zuletzt in der Ausstellung Markus Lüpertz. Über die Kunst zum Bild in München eindrucksvoll und
vor allem zählbar nachvollzogen werden.Folglich entspricht das Serielle dem Lüpertz'schen
Kunstwollen per se. Denn für den Maler der in der Vergangenheit bereits als Grafiker
Bildhauer Dichter und gelegentlicher Free-Jazzer (am Flügel gemeinsam mit der Band TTT) sowie
als Bühnen- und Kostümbildner in Erscheinung trat und zuletzt gar als Regisseur einer Oper4
reüssierte ist die vollständige Durchdringung der Geheimnisse und Herausforderungen einer
künstlerischen Gattung - oder auch nur einer ihn interessierenden künstlerischen Technik stets
- besonders wichtig. Und was bedeutet da schon nur? Das Serielle Arbeiten hilft ihm die
gegebenen Möglichkeiten einer Technik zu erweitern den gelernten Traditionen einer Gattung
Neues anheimzustellen und nicht zuletzt das eigene Können auszuweiten. Gleichwohl ging und
geht es dem Künstler im Seriellen Schaffen nicht um ein schlichtes Paraphrasieren des schon
einmal Dargestellten oder Gedachten. Daraus gewönne wohl niemand weitere vulgo neue
Erkenntnisse. Auch der Künstler selbst nicht. Vielmehr - und das ist eine weitere Wahrheit -
stellt jede Arbeit ob Zeichnung Gemälde oder modellierte Figur eine selbstständige
Behauptung innerhalb eines durch Motive Themen oder Anlässe grob vorgegebenen Kontextes
dar.Solcherart künstlerische Behauptung ist nun aber oft ob ihres ephemeren Charakters weit
entfernt vom perfekten Ansichtsschönen zumal von einer wohlfeilen Lebensillustration oder
einem wie auch immer gearteten Zeitgeschmack. Ganz im Gegenteil sie erscheint (uns) als
Fragment. Das wird vor allem bei Ansicht der Entwurfsmodelle zur Herkules-Skulptur deutlich
(siehe ab Seite 58). Bewusst das Mögliche sondierend das Gleiche - nicht Dasselbe - mehrfach
wiederholend ohne sich allzu schnell festzulegen erarbeitet sich der Künstler hier (s)einen
Skulpturenaufbau fernab der klassischen Lehre denn in der permanenten Unruhe einer Skulptur
deren Aufbau die alte Harmonie verletzt erwächst eine Spannung die dem Statischen einen
wunderbaren Ersatz für Bewegung zuführt und das Unmögliche vollbringt ein statisches Gebilde
in Bewegung zu setzen. Das Fragment entstammt einem Moment einem Zustand des Wissens vor
allem jedoch des Könnens der unabgeschlossen nicht vollständig nicht vollendet ist. So ist
es nur das was es ist. Ein Teil von Teilen eines Ganzen. Jedoch können Fragmente dem der
sieht einen Weg weisen. Denn sie flankieren das Suchen des Künstlers. Sie beweisen sowohl sein
zwischenzeitliches Scheitern als auch - im besten Falle - den Gewinn beispielsweise von
Dinglichkeit Bewegung oder Kolorit. Markus Lüpertz sagt: Abenteuerlich und verzweifelt ist das
was der [...] Künstler unternimmt wenn er seine Ruinenfelder hinterlässt. Aber nicht die Ruine
eines zerstörten Gebäudes sondern