In Abistan einem riesigen Reich der fernen Zukunft bestimmen die Verehrung eines einzigen
Gottes und das Leugnen der Vergangenheit das Herrschaftssystem. Jegliches individuelle Denken
ist abgeschafft das Eingeschworensein auf ein allgegenwärtiges Überwachungssystem steuert die
Ideen und verhindert abweichendes Handeln. Offiziell heißt es die Bevölkerung lebt
einvernehmlich und im guten Glauben. Doch Ati der Protagonist dieses Romans der ausdrücklich
anknüpft an Orwells Klassiker 1984 hinterfragt die vorgegebenen Direktiven: Er macht sich auf
die Suche nach einem Volk von Abtrünnigen das in einem Ghetto lebt ohne in der Religion Halt
zu suchen ... Während George Orwell in seinem Zukunftsroman das totalitäre Regime Stalins vor
Augen hatte entwirft Boualem Sansal in seinem Roman das Szenario eines Regimes das auf der
religiösen Überhöhung einer Ideologie beruht. Es ist ein Regime das sich die gegenwärtige
Vereinzelung des Individuums auf der Suche nach persönlichem Glück und Wohlergehen auf
erschreckende Weise zunutze und zum Motor der Gemeinschaft macht. In Abistan sind Fragen oder
Diskussionen gänzlich überflüssig geworden: Eine kleine Gruppe von Herrschenden sorgt für die
Gemeinschaft ebenso wie für das Wohlergehen des Einzelnen wobei den Regeln des Staates folgend
das Streben nach spiritueller Erleuchtung den Alltag eines jeden Bürgers diktiert. Sansals
Vision ist zugleich faszinierend und erschreckend - in einer Zeit gesellschaftlicher Umbrüche
mahnt sie zu gelebter Brüderlichkeit toleranter Demokratie und einsichtiger Freiheit.