In dem hauptsächlich von Ungarndeutschen bewohnten Dorf Pusztavám wurden am 16. Oktober 1944
über 200 jüdische Arbeitsdienstler am Rande des Dorfes ermordet. Die Aufklärung des Geschehens
und die Erinnerung an den Massenmord waren und sind bis heute umkämpft wurden manipuliert und
instrumentalisiert. Der transnationale Charakter des Ereignisses die verschiedenartigen
Verstrickungen und der unklare Status der mit dem Massenmord befassten Institutionen in
mehreren Ländern erschwerten die Ermittlungen und die Aufarbeitung seitens der
Geschichtsforschung. Die Studie analysiert aus gedächtnistheoretischer Perspektive über
zweihundert Zeugnisse tausende Seiten Dokumente und hunderte Aufsätze Zeitungen und
Erinnerungsorte zum Komplex Pusztavámer Massenmord im Lichte der Zeugenschaft. Die
disziplinenübergreifende Zugangsweise der Arbeit nimmt den historischen Gegenstand in seiner
Komplexität in den Blick und zeigt zugleich Reflexionen und Erkenntnisse für das
kulturwissenschaftliche Konzept der Zeugenschaft auf. Durch das mikrohistorische Verfahren
stehen die Handlungen auf der Ebene der einzelnen Akteure deren Bedingungen Felder und
Deutungen im Fokus werden aber gleichwohl in ihrer sozialen Einbettung ihren Verflechtungen
und Dispositionen kontextualisiert. Aus dieser mikroanalytischen Perspektive heraus werden die
Wechselbeziehungen mit der politischen sozialen kulturellen und ökonomischen Dimension
makrogeschichtlicher Prozesse nachgezeichnet. Die Studie legt dar wie weit die als
juristisches Beweismittel eingesetzte Zeugenschaft durch diverse Faktoren beeinflusst wird und
wie die Divergenz und zugleich Konkurrenz der Zeugenstimmen Auskunft über die dem Zeugnis
immanente Gegenwartsverbundenheit geben und wie diese multidirektionale Einflussnahme in der
Analyse berücksichtigt werden kann.