Das plastische Werk von Ursula Burghardt (1928-2008) ist von einer fortwährenden
Auseinandersetzung mit dem Alltäglichen geprägt. Mit unterschiedlichsten Materialien und
Techniken formte modifizierte und transformierte sie alltägliche Gegenstände zu überraschenden
die Sehgewohnheiten unterlaufenden Werken. Auf diese Weise schuf Burghardt von 1965 bis 1970
insgesamt 140 Plastiken die den Kern ihres bildhauerischen OEuvres bilden und im Zentrum der
vorliegenden Untersuchung stehen. Gemeinsam mit ihrem Mann Mauricio Kagel einem der
bedeutendsten Komponisten der Neuen Musik belebte sie die pulsierende rheinländische
Kulturszene der 1960er Jahre stellte mit Fluxus-Größen wie Wolf Vostell und Nam June Paik aus
und arbeitete mit Joseph Beuys Dieter Roth und Stefan Wewerka zusammen. Die Dissertation
analysiert Burghardts Werke im Lichte der gegenstandsorientierten Kunstszenen von Pop Art
Nouveau Réalisme und Fluxus und zeigt auf inwiefern es dieser Bildhauerin gelang in
unterschiedlichen Werkgruppen eine ebenso eigenständige wie vielfältige Formensprache zu
entwickeln.Dabei reicht ihr Werk über die reine Objekthaftigkeit hinaus. Auch intermediale
Projekte wie der Film »Ludwig van« oder das aktionistische Bündnis »Labor zur Erforschung
akustischer und visueller Ereignisse e.V.« welche sie mitgestaltete sollten helfen die Kunst
in die Gesellschaft zu tragen.Burghardts Schaffen changiert zwischen heiter und hintergründig
spielerisch und zeitkritisch. Als Bildhauerin agierte sie in einer männerdominierten Kunstwelt
sodass sich in ihrem OEuvre gesellschaftspolitische und konsumkritische Aspekte ebenso verweben
wie sich kunstinhärente mit geschlechtsspezifischen Fragen verknüpfen. Es verwundert insofern
dass ihr Wirken nicht schon zu Lebzeiten größere Aufmerksamkeit erfuhr. Erst in jüngerer Zeit
haben ihre Werke Eingang in bedeutende Museen für Gegenwartskunst wie den Hamburger Bahnhof in
Berlin und das Museum Ludwig in Köln gefunden. Erstmals liegt mit der Dissertation eine
umfassende systematische Einordnung der plastischen Arbeiten Ursula Burghardts vor. Neben der
kunstwissenschaftlichen Analyse wurden alle Plastiken in einem validen Werkverzeichnis auch für
kommende Forschungen zugänglich gemacht. Ebenso birgt die Veranschaulichung ihres Beitrags zur
Entwicklung von Mauricio Kagels Instrumententheater neue Erkenntnisse für die
Musikwissenschaft. Die hiermit eröffneten neuartigen Perspektiven exemplifizieren nicht allein
das Schaffen einer Künstlerin in einem kulturell hochdynamischen Umfeld. Im Sinne des von ihr
selbst formulierten Anspruchs »die gegebene Aktualität zu erfassen« zeigen die aus ihrer
unmittelbaren Anschauung und Erfahrung gespeisten Werke auf eindrucksvolle Weise wie das
Persönliche zum Politischen werden kann.