Bislang hatte die Zunft der Soziologen von Tönnies überwiegend sein frühes Werk Gemeinschaft
und Gesellschaft (1887) zur Kenntnis genommen so dass ein völlig falsches Bild von ihm
entstanden ist und sich stets aufs Neue kolportiert verfestigt hat. Gerade am Beispiel der
Tönnies-Rezeption nach 1945 lässt sich zeigen dass dem Repräsentationismus wie er in der
Soziologie lange Zeit gepflegt wurde oftmals keine Fakt-Aussagen sondern Präskriptionen
(Lüdemann) zugrunde liegen und dass die Dogmengeschichte des Faches zu erheblichen Teilen aus
Mythenbildungen besteht (Neef).Insofern zählen die hier erstmals in ihrer Gesamtheit
vorgelegten Statistischen Studien die einen Zeitraum von vierzig Jahren umfassen zweifellos
zu den wichtigsten Bänden der Tönnies-Werkausgabe auch wenn ihre inhaltlichen Ergebnisse mehr
Ausdruck der Zeitgeschichte sind als dass sie uns heute noch unmittelbar etwas bedeuten können
denn sie bezeugen dass Tönnies nicht nur Gesellschaftstheorie betrieben hat sondern als
nahezu einziger der deutschen Soziologen seiner Zeit umfassend über Jahrzehnte hinweg
statistisch-empirisch gearbeitet hat.Damit dürfte zugleich das berüchtigte Diktum von René
König Tönnies sei aus der Dogmengeschichte der Soziologie zu entfernen weil er unter ihrem
Deckmantel in Wirklichkeit Philosophie betrieben habe endgültig vom Tisch sein. Die hier
vorgelegten Arbeiten befassen sich mit den Themen Selbstmord Kriminalität und Demographie.