Die chinesische Übersetzung des Briefromans Hyperion von Friedrich Hölderlin die im Jahr 1999
zusammen mit Hölderlins Gedichten Kleintexten sowie Briefen in dem Sammelband He'erdelin wenji
gedruckt wurde markiert eine wichtige Etappe in der Hölderlin-Rezeption in China. Diese von
Dai Hui angefertigte erste vollständige Übersetzung wird von den chinesischen Lesern weitgehend
wohlwollend aufgenommen und mit vielen anerkennenden Kommentaren bedacht. Dai Huis
Pionierleistung hat auf Anhieb eine fieberhafte Hyperion-Rezeption ausgelöst. Dies ist der
Übersetzerin hoch anzurechnen. Nach 20 Jahren ist die Hyperion-Rezeption in China allerdings
gegen alle Erwartungen nicht wesentlich über eine anfängliche Begeisterung hinausgegangen.
Neben überwiegend positiven Bewertungen der Übersetzung wie z. B. dass sie verständlich und
leserfreundlich sei und einen Sprachstil aufweise gab es auch einige kritische Wortmeldungen
unter anderem von Liu Haoming einem profunden Hölderlin-Kenner der selbst Hölderlins
Spätgedichte ins Chinesische übertragen und ausführlich kommentiert hat. Doch eine fundierte
elaborierte Auseinandersetzung mit der Übersetzung lässt noch auf sich warten. Die vorliegende
Arbeit stellt sich daher die Aufgabe Dai Huis Übersetzung einer kritischen Betrachtung zu
unterziehen. Dabei wird der Frage nachgegangen ob und inwiefern die Übersetzung sowohl auf der
makro- als auch auf der mikrostilistischen Ebene dem Original gerecht wird. Besonderes
Augenmerk wird auf die allgemeinen sprachbedingten Differenzen sowie die stilistische
Einzigartigkeit des Werkes gelegt. Durch Fallstudien wird die Translationsstrategie von Dai Hui
hinterfragt.