'Räuberhauptmann' Schinderhannes der gemeinsam mit 19 Spießgesellen in Mainz geköpft wurde
galt schon zu seinen Lebzeiten als abenteuerliche Legendengestalt. Die gegen ihn und 67
Mitangeklagte geführten Ermittlungen sowie der spektakuläre Schauprozess wurden von den ersten
Verhören bis zur Urteilsverkündung umfassend dokumentiert und fanden europaweit einen immensen
Widerhall in der journalistischen Berichterstattung. Folglich strömten am 21. November 1803
zehntausende Neugierige zur Hinrichtungsstätte. Anatomen der Mainzer Universität nutzten die
Gelegenheit für medizinisch-physikalische Experimente an den frisch getöteten Körpern. Sowohl
die unmittelbar nach der Exekution verbreiteten Reportagen Flugblätter und Moritaten als auch
die späterhin sehr zahlreich erschienenen literarischen 'Räuberpistolen' verliehen
Schinderhannes einen phänomenalen Nachruhm. Schließlich kamen zu Beginn des 20. Jahrhunderts
noch einige vom damaligen 'Zeitgeist' stark beeinflusste Lebensbeschreibungen hinzu die ihn zu
einem politisch denkenden und rassistisch motivierten Verfechter der 'deutschen Sache' gegen
Franzosen und Juden hochzustilisieren suchten. Solch absichtsvolle Fehleinschätzungen sollten
den Räuber zum 'rheinischen Rebell' und 'Robin Hood des Hunsrücks' veredeln. Uwe Anhäuser
entkleidet nun den 'Mythos Schinderhannes' von späteren zeitgeistigen Zutaten und verweist auf
die tatsächlichen Umstände und Verhaltensweisen: Schinderhannes ließ sich weder von Edelmut
noch von politischen Motiven leiten. Er und seine Kumpane lebten wie es damals hieß 'aus der
Faust und durch die Faust'. Brutal gerissen und rücksichtslos. Als Einzelne nur selten mutig
doch in der Gruppe überstark zumal wenn reichlich genossener Alkohol (wie vor fast jedem
Raubüberfall) den Tatendrang beflügelte. Ein ausführlicher Lebenslauf des Schinderhannes
mitsamt einer nach Tagesangaben geordneten Chronologie erhellt den Ablauf und die Eskalation
des linksrheinischen Bandenunwesens von 1793 bis 1803. Diese Übersicht enthält auch wichtige
Lebensdaten mehrerer anderer Räuber sowie eine übersichtliche Liste ihrer folgenschwersten
Straftaten. '15 Touren zu Tatorten und Erinnerungsstätten' sollen überdies als ein kleiner
'Reise- und Ausflugsführer' zu rund 60 Schauplätzen dienen an denen oft noch erstaunlich
deutliche Spuren Indizien und bauliche Relikte an die Untaten der Schinderhannesbande
erinnern.