Fairbairns Entwicklung einer umfassenden Objektbeziehungstheorie wird vielfach gepriesen als
»Kopernikanische Wende« innerhalb der psychoanalytischen Theorie der menschlichen
Persönlichkeit. Er hat die theoretische Tradition der Objektbeziehungspsychologie begründet zu
der W. D. Winnicott Michael Balint John D. Sutherland Harry Guntrip und viele weitere
Autoren bis hin zu Daniel Stern und Otto Kernberg gehören. Das Hauptanliegen seiner
revolutionären Sichtweise besteht in dem Versuch die Psychoanalyse vom »Trieb« als primärem
motivationalen Faktor zu lösen. An die Stelle von Freuds Trieben treten bei Fairbairn die
Objektbeziehungen welche seiner Ansicht nach das hauptsächliche motivationale System bilden.
Zudem hat er ein neues Persönlichkeitsmodell entwickelt das Freuds Ich-Es-Über-Ich-Modell zu
einem komplexen System erweitert in dem auch die Objektbeziehungen und ihr intrapsychischer
Niederschlag ihren Platz finden. Fairbairns Werk führte die Psychoanalyse dahin das angeborene
Bedürfnis des Kleinkindes nach Beziehung und Bindung als essentiell für die menschliche
Entwicklung (und auch für die Therapie) anzusehen. Mit seiner Theorie der Objektbeziehungen
liefert Fairbairn ein Modell der psychischen Struktur basierend auf der Verinnerlichung und
Modifikation von Erfahrungen mit den Eltern und anderen Personen von zentraler Wichtigkeit für
ein Kleinkind. Er zeigt wie das Selbst bzw. das Ich aufgrund der Verinnerlichung des Objekts
frühere Enttäuschungen unvermeidlich mit einbezieht in alle folgenden Beziehungen was
schließlich zu einer Ich-Spaltung und einer Unterdrückung der schmerzhaften inneren
Objekt-Beziehungen führt. Fairbairns Theorie bildet bis zum heutigen Tag ein lebendiges
Grundgerüst der psychoanalytischen Theorie und Praxis der Kleinkind-Forschung der
Gruppen-Beziehungen und der Familientherapie. Die Einleitung von Bernhard F. Hensel und Rainer
Rehberger verfolgt die Ursprünge von Fairbairns Ansätzen und umreißt deren Relevanz für die
gegenwärtige Psychoanalyse.