Marianne Weber und Georg Simmel erörtern im LOGOS auf feine dem Bildungsbürgertum des
ausgehenden 19. Jahrhunderts angemessene Art und Weise die Frauenfrage. Ihre Auseinandersetzung
zentriert sich letztlich um die Frage nach dem Inhalt und dem Wert geschlechtlicher Differenz.
Damit ist auch die Frage nach dem Sinn und Nutzen weiblicher Partizipation und
Gleichberechtigung berührt und die Auseinandersetzung trifft somit die Achillesferse des
bürgerlichen Menschenbildes welches sich auf die Aufklärung berufend zwar die Freiheit und
Gleichheit der Menschen betont aber den Mann-Menschen meint. Frauen waren selbstverständlich
nicht mitgemeint wenn von der Freiheit Gleichheit und Brüderlichkeit gesprochen wurde. Das
andere Geschlecht galt als natürliche Gattung dem kulturellen Mann diametral entgegengesetzt.
Diese sich in der Moderne fortentwickelnde Dichotomie des Geschlechterverhältnisses wird von
Georg Simmel soziologisch und philosophisch zugespitzt und ausformuliert von Marianne Weber
demgegenüber in aller wissenschaftlichen Schärfe Stück für Stück demontiert. Doch auch Marianne
Weber löst sich nicht vollends von den Vorstellungen des besonderen - weil weiblichen -
Geschlechtscharakters. Ihr Modell weiblicher Vergesellschaftung balanciert auf dem schmalen
Grat zwischen Besonderheit und Gleichheit.Marianne Weber und Georg Simmel stehen mit ihrer
Auseinandersetzung im Zentrum einer Debatte die auch heute noch nichts von ihrer Brisanz -
ganz zu schweigen von der Notwendigkeit - eingebüßt hat. Der feministische Umgang mit
Dichotomien (Becker-Schmidt) ist im Zeichen der Postmoderne keinesfalls obsolet geworden.