Mitglieder unterer sozialer Schichten weisen höhere Morbiditäts- und Mortalitätsraten auf als
Mitglieder höherer sozialer Schichten. Auch ernährungsabhängige Krankheiten kommen in den
unteren Schichten häufiger vor. Claudia Kaiser bietet in ihrem Buch einen ausführlichen
Überblick über die Zusammenhänge zwischen Armut und erhöhter Gesundheitsgefährdung bzw.
Krankheit wobei die Formen und Funktionen des Ernährungsverhaltens in Abhängigkeit von der
sozialen Lage und die damit verbunden Auswirkungen auf das gesundheitliche Befinden von
speziellem Interesse sind. Hierzu beleuchtet sie sowohl das von deutschen Fachexperten
erarbeitete Konzept der Ernährungsarmut als auch das aus der US-amerikanischen Forschung
stammende Konzept der food insecurity. Die Ernährung spielt eine komplexe Rolle für Gesundheit
und Lebensqualität und ist daher ein wichtiger Faktor im Zusammenspiel von sozialer
Benachteiligung und Gesundheit. Neben den physiologischen Folgen einer Fehlernährung sind auch
andere Dimensionen der Ernährung wie die psychosoziale und kulturelle Bedeutung zu betrachten.
Claudia Kaiser zeigt grundlegende Erkenntnisse aber auch die Defizite deutscher und
internationaler Forschung auf. Es ergibt sich vor allem die Fragestellung wie Ernährung in
Familien die in Armut leben erfahren wird und in welcher Art und Weise am Essen gespart wird.
Vor dem Hintergrund qualitativer Interviews erfolgt eine Beschreibung ausgewählter
Lebenssituationen und Ernährungsweisen von in Armut lebenden Familien in Deutschland. Das
Erscheinungsbild von Ernährungsarmut kann so veranschaulicht und um wichtige Aspekte erweitert
werden. Abschließend bietet das Buch eine fundierte Diskussion darüber inwieweit eine
Erfassung von Ernährungsarmut im Rahmen der Armuts- und Gesundheitsforschung möglich und auch
notwendig ist. Forschungsperspektiven und ein Vorschlag für ein geeignetes Instrumentarium
werden entwickelt. Eine kontinuierliche Berichterstattung welche die Themen Gesundheit und
Ernährung berücksichtigt ist eine wichtige Ausgangsbasis für die Entwicklung geeigneter
Interventionen und sollte auch für die deutsche Armuts- und Public-Health-Forschung ein klares
Ziel sein.