In der kleinen Republik Moldova offenbarte sich die postsowjetische Transformation vor allem
als ein Kampf um Identität. Nicht nur dass es Strömungen an der Peripherie in Transnistrien
und Gagausien gab die den gemeinsamen Staat in Frage stellten. Auch die Mehrheitsbevölkerung
scheint sich unsicher zu sein wer sie eigentlich ist. Sind sie Rumänien und somit Teil der
rumänischen Nation oder eine eigenständige Nation - die Moldawier? Diese Frage zieht sich wie
ein roter Faden durch die letzten fünfzehn Jahre seit der Unabhängigkeit. In der Geschichte
suchte man Antworten und mit Geschichtsschreibung versuchte man die eigenen Positionen zu
propagieren. Dabei wurden Historiographie und der schulische Geschichtsunterricht zu
Streitarenen: Lehrer und Schüler demonstrierten Schulbücher wurden verbrannt und Regierungen
bangten um ihr Fortbestehen. Es geht hier somit nicht nur um eine akademische Frage sondern um
nicht weniger als die Zukunft des jungen moldawischen Staates: Vereinigung mit Rumänien oder
staatliche Eigenständigkeit? Dieses Buch zeichnet die historiographischen Entwürfe der Nation
in der Debatte zwischen Moldowanismus und Rumänismus in Moldova nach. Es analysiert und
kontextualisiert ihre Annahmen und Forderungen. Die Bewertung beider Strömungen und des
Verhältnisses zwischen Geschichtsschreibung und Gesellschaft könnte dabei kaum negativer
ausfallen.