Die Geschichte der sowjetischen Architektur des 20. Jahrhunderts gliedert sich in drei sehr
unterschiedliche Perioden. Die Jahre 1917 bis 1932 gelten als die Zeit der
Architekturavantgarde 1955 begann die Epoche der modernen Architektur in ihrer sowjetischen
Version. Zwischen diesen beiden Perioden liegt die Periode der stalinistischen Architektur mit
der sich die vorliegende Arbeit befasst. Zweimal 1932 und 1955 ging in der UdSSR eine radikale
Umwandlung aller künstlerischen Vorstellungen vor sich. Nach 1932 änderten die sowjetischen
Architekten mit wenigen Ausnahmen ihre Ansichten und ihren Stil. Alle wurden mehr oder weniger
Klassizisten und bemühten sich um die Erschließung des künstlerischen Erbes der
Vergangenheit.1955 setzte eine neuerliche Metamorphose ein. Die bisherigen Klassizisten wurden
nun Anhänger der modernen Architektur von Stadtentwicklung und Industrialisierung der
Bauproduktion. Die gesellschaftlichen Beziehungen in Stalins und der nachstalinistischen
Sowjetunion schlossen freie Diskussionen und einen wirklichen Meinungsaustausch aus. Man kann
nur vermuten wie schwer für viele Konstruktivisten die ihnen oktroyierte Einführung des
Neoklassizismus war oder wie schwer den echten Neoklassizisten die Unterdrückung ihrer
Intentionen durch die stalinistische Hierarchie fiel.In diesem Buch wird der Versuch
unternommen die Geschichte der stalinistischen Architektur nachzuzeichnen und dabei
insbesondere jene staatlichen Mechanismen und Machttaktiken zu erklären mit denen das
stalinistische Regime die künstlerischen Vorstellungen und beruflichen Denkweisen sowjetischer
Architekten manipulierte.