In illuminierten Handschriften des Mittelalters sind geschriebene oder (vor-)gelesene Sprache
und Bilder eng verzahnt. Ob dies jedoch zu einer inhaltlichen Wechselwirkung führt ist jeweils
am Einzelfall zu untersuchen. Der Stoff der Johannesoffenbarung stellt hierfür eine
außerordentlich interessante Materie dar handelt es sich doch bei Bilderhandschriften der
Apokalypse um die Visualisierung eines schriftlich niedergelegten Textes. Die in der Schrift
thematisierten Visionen drängen förmlich danach als Bilder fixiert zu werden. Diese
Problematik erweitert sich noch wenn der reale Betrachter mit seinen spezifischen
Voraussetzungen in diesen Prozess einbezogen wird. Sabine Jagodzinski untersucht in ihrer
vorliegenden Studie drei illustrierte Codices der Apokalypse Heinrichs von Hesler die im 14.
Jahrhundert im Kreis des Deutschen Ordens in Preußen entstanden sind. Besonders bemerkenswert
ist darin die Selbstdarstellung des Ritterordens in den Miniaturen der die inhaltlichen
Neuerungen zur Präsentation seines Selbstverständnisses funktionalisierte. Im Zentrum von
Jagodzinskis Studie stehen Fragen nach den formalen und inhaltlichen Wechselbeziehungen
zwischen Miniaturen Apokalypsetext und Kommentar nach den programmatischen Schwerpunkten und
den Nutzungsmöglichkeiten der Bücher im Deutschen Orden. Jagodzinski legt dar auf welch
vielschichtige Weise der Auftraggeber Stoff und Text der Apokalypse bewusst auswählte und
mittels der Verbildlichung gezielt an die Bedingungen und Adressaten im Deutschen Orden
anpasste. Speziell das Bild-Text-Gefüge und die Kontextualisierung der Rezeption blieben von
der bisherigen Forschung weitgehend unbeachtet. Jagodzinski bearbeitet diese Fragenkomplexe
daher bewusst mit methodischen Ansätzen aus Kunst- und Literaturwissenschaft gleichermaßen um
dem faszinierenden Medium Bilderhandschrift ganzheitlich gerecht zu werden.