Karl Ove Knausgård und Judith Schalansky haben 2019 die Vorlesungen der Tübinger
Poetik-Dozentur gehalten. Knausgård sagt über das Buch an dem er arbeitet: »Ich habe
zweihundert Seiten geschrieben und weiß noch nicht wovon das Buch handelt. Aber ich weiß
wovon ich es handeln lassen will.« Der Eigensinn des Buches ist die Kehrseite des Eigensinns
den die Welt immer wieder hervorkehrt und mit der er sich seit seinen ersten Büchern befasst.
Die subjektive Welt des eigenen Ich so zu beschreiben dass sie für andere nicht nur zugänglich
sondern als Zugang zu Realität verständlich wird ist für Knausgård die Herausforderung die
ein Schriftsteller anzunehmen hat. Kontrakpunktisch zu Knausgårds Betrachtungen steht Judith
Schalanskys Schreiben das geprägt ist von intensiver Recherche der Verdichtung von Wissen und
dem unsentimentalen Anschreiben gegen Vergänglichkeit und Vergessen. Schalanskys Texte
erstellen ein erzählerisches Verzeichnis von Dingen und dem ihnen eigenen Wissen das im Lauf
der Weltgeschichte verloren gegangen ist. In ihrer Vorlesung sagt sie: »Mir persönlich erschien
die Vorstellung das Leben ab- und aufzuschreiben womöglich sogar mein eigenes unmittelbar in
Literatur verwandeln zu wollen so obszön und lächerlich wie die Hoffnung durch eine Liebelei
mit einer Lyrikerin sich einen Platz in deren Dichtung zu sichern. Mir hat die Vorstellung
dass Literatur nichts ist was man zu erfinden hat aber auch nichts was das eigene Erleben
voraussetzt dabei geholfen selbst zu schreiben und noch heute verstehe ich meine Arbeit vor
allem als Forschung.«