Am 1. Januar 2005 nach Abschluss ihres Buches Unglaubwürdige Reisen eröffnet Ilse Aichinger
noch einmal ein Journal: wechselt die Zeitung wechselt das Café und schreibt Woche für Woche
an einem furiosen poetisch erzählenden Essay. Mit der Boulevardpresse und den Büchern des
Philosophen E. M. Cioran auf dem Kaffeehaustisch ist Aichinger der Definition von 'Subtext'
auf der Spur. Mit größter Genauigkeit und funkenschlagender Komik schreibt sie 'vom Ende her
und auf das Ende hin' und entfaltet einen zusammenhängenden Zyklus in dem das Blitzhafte des
Denkens und der Erinnerung sich als lang nachrollender Donner entlädt. Ilse Aichingers Subtexte
sind eine Intervention gegen Verharmlosung und primitives Einverständnis. 'Positiv denken ist
das Gegenteil von Denken.' Es ist ein wildes Buch an dessen Schluss noch einmal - wie in der
berühmten 'Spiegelgeschichte ' - Ende und Anfang Geburt und Tod in eins fallen. Die Anarchie
einer 85-jährigen großen Dichterin.