ACHSENZEIT. So tauft der Philosoph Karl Jaspers (1883 - 1969) die Ära vom 8. bis 5. Jahrhundert
v. Chr. zu Recht! In jener Zeit setzt die Gesamtmenschheit zu einem Quantensprung an in
Richtung Bewusstseinsentwicklung. Bewusstwerdung bedeutet Selbstwerdung.1 Einzelnen gelingt
dabei eine Erfahrung von besonderer Tragweite: Das was sie sich bislang als höchste geistige
Gottheit vorstellen muss wohl nicht nur irgendwo draußen in den Weiten des Kosmos beheimatet
sein. Diese Gottheit führt und hegt offensichtlich eine Dependance in der Seele des Menschen.
Von dort offenbart sie sich zugleich als größte Fülle und vollkommene Leere als EINE Gottheit
über allen subalternen und von IHM abhängigen Göttern. Solche Erfahrungen verlangen natürlich
nach neuen Fragestellungen. Sind wir eigentlich menschlich oder etwa göttlich? Woher kommt der
nichtmenschliche Anteil in uns und was passiert mit beiden seelischen Komponenten nach dem
Tode? Sollte nun die gesamte Schöpfung aus dieser EINEN und einzigen Quelle hervorsprudeln: Wie
erklären wir dann die anstrengende Häufung von Gegensätzen in der sichtbaren Welt wie ihre
scheinbar unerschöpfliche Vielfalt?