Die durch den Archäologischen Dienst Graubünden ausgegrabene Höhle in Zillis-Reischen ist
europaweit ein herausragendes Zeugnis zur spätrömischen und frühchristlichen Glaubenswelt. Ein
interdisziplinäres Team von Wissenschaftlerinnen der Archäologie Zoologie und Bodenkunde hat
nun die Geschichte dieser Höhle umfassend ausgeleuchtet und neu geschrieben. Zwischen dem 3.
und 5. Jahrhundert n. Chr. stand die Höhle verschlossen mit einer Holzwand nur einer kleinen
heidnischen Kultgemeinschaft offen der sie als Versammlungs- und Kultlokal nutzte und hier
einer Gottheit wohl orientalischen Ursprungs huldigte. Ein mit plastischen Schlangen
dekoriertes Kultgefäss zahlreiches Geschirr aus Keramik Glas und Speckstein sowie etwa 13'000
Tierknochen lassen auf geheimnisvolle Rituale und üppige Kultmahlzeiten schliessen. Hinzu
kommen zahlreiche von Kultteilnehmern deponierte Votivgaben darunter fast 650 Münzen. Wie ein
als Kreuz geschnitzter Knochen annehmen lässt wird die Höhle spätestens ab dem 6. Jahrhundert
möglicherweise zur Wirkungsstätte einer christlichen Gemeinschaft oder eines Eremiten. Nur
wenig später diente sie als Gruft von drei ausgewählten Gläubigen. Für die im 7. und 8
Jahrhundert Verstorbenen wurde auf dem Gelände vor der Höhle ein Friedhof angelegt von dem
aber nur eine Gruppe von sieben Gräbern untersucht ist. Mit dem Ende der Bestattungen fällt die
Höhle in einen Dornröschenschlaf aus dem sie erst wieder mit der Entdeckung durch Kinder in
den 1990er Jahren und den folgenden Ausgrabungen geweckt worden ist.