Lydia kennt in Estland sprichwörtlich jedes Kind: Die Gedichte der Autorin Lydia Koidula
gehören im Land zum Schulstoff. Die Lebensgeschichte der 1843 geborenen Schriftstellerin ist so
außergewöhnlich dass sie unbedingt erzählt werden muss. Den estnischen Staat wie wir ihn
heute kennen gab es zu Lydias Zeiten noch nicht. Livland hieß das Gebiet welches dem heutigen
Estland und Lettland entsprach. Nach deutscher polnischer dänischer und schwedischer
Herrschaft stand es ab 1710 unter russischer Kontrolle. Von der Mutter lernte Lydia Deutsch
und auch der Schulunterricht in jener Zeit wurde auf Deutsch abgehalten. Lydias Vater wiederum
war Lehrer und Journalist und gründete die erste Tageszeitung in estnischer Sprache Postimees
gehört heute noch zu den wichtigsten Tageszeitungen in Estland. Wörter Sprache Geschichten
und Gedichte sind Lydias Leidenschaft. Bereits als Kind liebt sie nichts mehr als zu lesen und
zu schreiben. Nach dem Besuch der Höheren Mädchenschule möchte Lydia an die Universität aber
Frauen sind dort nicht zugelassen. Immerhin Lehrerin kann sie werden. Ihr Traum ist es Kinder
auf Estnisch statt auf Deutsch und Russisch zu unterrichten. Das Recht die eigene Sprache zu
sprechen und Kultur zu pflegen wird zu ihrem Lebensthema - gleichzeitig steht sie für
Offenheit und überschreitet mehrfach kulturelle und sprachliche Grenzen. Mit 20 wird sie die
rechte Hand ihres Vaters in der Zeitungsredaktion. Mit 22 veröffentlicht sie ihr erstes Buch
mit 25 Jahren organisiert sie das erste estnische Sängerfest. Später lernt Lydia Finnisch
heiratet einen Letten und lässt sich im russischen Kronstadt nieder. Und als ihre Kinder sie
eines Tages fragen wo sie zu Hause sei sagt Lydia: »Mein Herz ist auf der ganzen Welt
verteilt.«Die bekannte estnische Autorin Kätlin Kaldmaa und der Illustrator Jaan Rõõmus haben
ein poetisches und vielschichtiges Kinderbuch geschaffen welches das außergewöhnliche Leben
Lydia Koidulas lebendig werden lässt und die Forderung selbstbestimmt leben zu dürfen mit
Leichtigkeit in die heutige Zeit trägt.