Es gibt einen Grund weshalb die Migros so stark in der Bevölkerung verankert ist.
Lebensmittelhändler gibt es einige aber nur eine Organisation mit der sich die Menschen so
stark identifizieren. Jede und jeder in der Schweiz hat einen Bezug zur Migros - als Kunde als
Genossenschafter als Klubmitglied als Kulturschaffender. Der Grund ist dass die Migros eine
Gesellschaftsordnung hat wie die Schweiz. Gottlieb Duttweiler hat sich die Schweiz zum Vorbild
genommen. Das hat die Migros gross gemacht birgt aber auch dieselben Schwächen. Dahinter
steht die Kernidee der direkten Demokratie. Zuoberst steht der Bund der spezifische Aufgaben
erfüllt. Darunter die Kantone die alles andere erledigen. Genau gleich die Migros: Zuoberst
steht die Verwaltung darunter die zehn Genossenschaften. Die Führung aber kommt von unten
nicht von oben. Nicht ein Einzelner gibt den Kurs vor sondern der kollektive Wille des Volks.
Der Gedanke ist dass man nur gemeinsam stark sein kann. Unser Autor Felix E. Müller schreibt:
'Diese Überzeugung ist tief in der DANN des Landes verankert und geht zurück auf die
mittelalterlichen Alpgenossenschaften oder Alpkorporationen. Das Überleben in der harschen
Natur der Gebirgswelt liess sich nur durch das sorgfältige Management der kargen Ressourcen
garantieren.' In diese Richtung lenkte Duttweiler sein Unternehmen als er 1940 seinen eigenen
Reichtum aufgab indem er die Migros in eine Genossenschaft umwandelte. 'Das Gute im
Schweizerland ist meist von unten gekommen' schrieb er 1940. Duttweiler kannte die Gefahren
des Reichtums. Er war jung schnell reich geworden verlor das Geld aber wieder. In seiner
zweiten Karriere strebte er andere soziale Ziele an. Darum verschenkte er seinen neu
erworbenen Besitz an das Volk. Die Migros zählt heute 2 3 Millionen Genossenschafter.
Gewinnstreben steht nicht im Vordergrund. Erst 2022 entschieden die Mitglieder in einer
Urabstimmung weiterhin keinen Alkohol zu verkaufen. Das Management muss sich danach richten.
Stattdessen soll die Migros den Zugang zu höheren Gütern ermöglichen: Gesundheit Bildung
Kultur. Die Schwächen des Systems aber sind in den letzten zehn Jahren immer offensichtlicher
geworden. Die Führungsstruktur führte zu starker Verzettelung. Darum trennte man sich ab
Februar 2024 von einigen Tochterunternehmen und Aktivitäten. Präsidentin Ursula Nold und CEO
Mario Irminger sagen im gemeinsamen Interview mit Du dass man Ballast abwerfen und sich wieder
auf den Supermarkt konzentrieren will. Darum gründete man die zentral agierende Supermarkt AG
mit eigenem Verwaltungsrat und eigener Geschäftsleitung welche die Vorteile von regionaler und
zentraler Führung vereinen. So soll der Geist der Migros auch die nächsten hundert Jahre
weiterleben. Trotz allem Kollektivdenken: Letztlich ist es doch ein Einzelner der den Kurs
vorgibt - Gottlieb Duttweiler.