Michael Wildt korrigiert die bisherige Auffassung dass das Reichssicherheitshauptamt ein
reines Verwaltungsbüro und seine Führungselite bloße »Schreibtischtäter« waren. Denn er weist
ihre aktive Rolle in der Vernichtungspolitik des Reiches nach. Am 27. September 1939 entstand
unter der Leitung von Reinhard Heydrich aus Geheimer Staatspolizei Kriminalpolizei und
Sicherheitsdienst der SS das Reichssicherheitshauptamt. Dessen Führungskräfte sahen ihre
Aufgabe in der »Reinhaltung des deutschen Volkskörpers«. Sie sollten in dem von Hitler
beschworenen »Schicksalskampf« die Gegner des NS-Regimes - in erster Linie die Juden als
Verkörperung der »Gegenrasse«- vernichten. Heydrich rekrutierte seine »kämpfende Verwaltung«
aus politisch engagierten jungen Männern die ihre sichere Existenz als Ärzte Juristen oder
Studienräte aufgaben um in einer Institution mitzuwirken die von jeder Rechtsgrundlage
entbunden war. Sie lernten zivilisatorische Hemmschwellen zu überwinden und den Massenmord als
»Problemlösung« zu konzipieren und zu exekutieren.