Die Schwestern Vatard könnten kaum unterschiedlicher sein und das gilt auch für ihre
Liebschaften. In den 1870er-Jahren bebt Paris unter tiefgreifenden gesellschaftlichen
Veränderungen. Der Deutsch-Französische Krieg die Pariser Kommune und die Ausrufung der
Dritten Republik liegen erst wenige Jahre zurück. In den Vorstädten von Paris schuften Frauen
und Männer an den Fließbändern der Industrieproduktion. Ablenkung finden sie abends in
Spelunken hier hauen sie ihr sauer verdientes Geld mit dem Leichtsinn der Habenichtse auf den
Tresen. Céline und Désirée die Schwestern Vatard arbeiten in der Buchbinderei Débonnaire &
Cie. Céline die ältere ist lebenslustig draufgängerisch und pragmatisch hat lieber den
Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Désirée träumt von einem bürgerlichen Leben
einer Wohnung mit einem richtigen Schlafzimmer ist idealistisch und sanft. Trotz ihrer
Unterschiede stehen die Schwestern füreinander ein teilen ihre Träume und ihr Liebesleid.
Joris-Karl Huysmans erzählt die Geschichte dieser zwei jungen Frauen die Kinder ihrer Zeit
sind. Gegen alle Widerstände kämpfen sie um Selbstbestimmtheit und Lebensglück. Huysmans kannte
das Milieu das er beschreibt aus nächster Nähe: Nach dem Tod seiner Mutter erbte er die
Buchbinderei des Stiefvaters die drastischen Szenen in der Werkstatt entwickelte er aus
eigener Anschauung. Zeitgenössische Kritiker stießen sich am harten Naturalismus an der
Verwendung der Sprache des Proletariats und der Wahl des Sujets. Als großer Stilist wurde er
erst später anerkannt. »Die Schwestern Vatard« erscheint hier nun erstmals auf Deutsch in der
präzisen und stimmungsvollen Übersetzung von Gernot Krämer.