Metaphysik ist eine geschichtlich entstandene Gestalt des Denkens. Sie vollzog eine bestimmte
keineswegs selbstverständliche Weichenstellung auf dem Weg des europäischen Geistes. Erst die
Nachzeichnung ihrer Genese macht sichtbar welche Gründe und Motive in die Entscheidung zur
Metaphysik eingehen auf welche Fragen sie antwortet und welche alternativen Optionen vermieden
vernachlässigt oder ausgeschlossen werden.Eine kritische Verständigung über Metaphysik hat
nicht nur deren Fragen zentrale Thesen und leitende Denkfiguren herauszuarbeiten. Um Anliegen
und Problematik des metaphysischen Projekts im ganzen zu erfassen ist eine Außenperspektive
gefordert welche die Metaphysik im Spiegel dessen reflektiert was ihr vorausliegt und wovon
sie sich abhebt. Ihr spezifisches Profil gewinnt sie im Lichte dessen wogegen sie sich wendet:
in der Distanzierung von Mythos Alltagsverstand und Einzelwissenschaften. Die Suche nach Sinn
und festem Halt der Ausgriff aufs Ganze die versöhnende Einsicht in die Vernunft des
Wirklichen - traditionelle Signaturen metaphysischen Denkens - lassen sich als Versuch
verstehen das Chaotisch - Vielfältige erkennend zu durchdringen und zu überwinden. Sie weisen
in eine Tiefenschicht die der Metaphysik selbst zum Teil verhüllt bleibt.Gerade im
Entstehungsprozeß der Metaphysik treten Erfahrungen Interessen und Probleme ungeschützter
hervor als in der ausgebildeten Disziplin. Diese Formierung wird in Emil Angehrns Untersuchung
über die drei Hauptstadien - Vorsokratik Platon und Aristoteles - nachgezeichnet. Zwei
leitende Fragerichtungen metaphysischen Denkens treten dabei hervor: die Suche nach dem
Wesentlichen in den Dingen - nach dem was ihre Substanz ihr Wesen ihre Identität ausmacht -
und die Frage nach der Ordnung des Alls. Sofern Metaphysik auch für ein nachmetaphysisches
Denken nicht einfach das beziehungslos Andere ist bleibt die Aufhellung der Genese und der
verdeckten Tiefenschicht der Metaphysik ein Weg zur Selbstaufklärung heutigen Denkens.