Vom amerikanischen Kommunitarismus bis zur Philosophie und Ethik der Kommunikation basiert das
Denken der Gemeinschaft auf dem unreflektierten Vorurteil dass die Gemeinschaft eine
»Eigenschaft« bzw. »Eigentum« der Subjekte sei die sie vereint - Gemeinschaft wird begriffen
als ein Ganzes als Gesamtheit des sozialen Körpers und das Gemeinsame bzw. Gemeinschaftliche
als ein Wert eine Essenz eine Errungenschaft derer man sich rühmt oder als ein
Verlorengegangenes das beklagt wird. Esposito distanziert sich von diesen Mustern des modernen
politischen Denkens um zum Ursprung der Sache selbst zurückzugehen - zur etymologischen
Herkunft des Wortes »communitas communis« als »cum munus«. Aus »munus« - im Sinne von Bürde
Verpflichtung Gabe Amt - geht die Gemeinschaft hervor: An ihrem Grund erweist sich dass sie
durchaus kein Besitz kein Territorium ist das es zu verteidigen gilt. Ihr dunkler Kern ist
vielmehr ein Mangel: etwas Auszufüllendes eine geteilte Verpflichtung ein von allen zu
Erbringendes - etwas das stets noch aussteht. »Im-munitas« (als Schutzmechanismus) und
»Com-munitas« erscheinen als die Leitbegriffe dieser grundlegenden Ambivalenz zwischen Gabe und
Schuld Geteiltem und Bedrohlichem die die Gemeinschaft seit Anbeginn prägt.