Spiegel der Stadt ist ein Roman modernster Machart und die junge Schriftstellerin Elif Shafak
versteht es ausgezeichnet den heutigen Leser trotz eines ernsthaften Themas spannend zu
unterhalten. Die Geschichte des historischen Romans führt über ganz Europa beginnt im Spanien
der Inquisition in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts und spannt sich über Italien bis zum
Osmanischen Reich. Die jüdischstämmige Familie Pereira gerät dabei in die Fänge der Inquisition
und muss um ihr Leben und um ihre Existenz bangen. Neid ist unmittelbarer Auslöser der
Verfolgung der Pereiras doch dient eine verbotene Liebe nur als Alibi für die nächtliche
Verhaftung und das erbarmungslose Durchgreifen der Inquisitoren. Vor der Katastrophe dem
Verbrennen auf dem Scheiterhaufen entkommen die Pereiras um eine Haaresbreite. Zwei
Mitgliedern der Familie gelingt unverhofft die Flucht nach Istanbul das zu dieser Zeit
Rettungsinsel für Tausende von Sepharden (jüdische Flüchtlinge aus Spanien und Portugal) ist
und wo sie eine neue Heimat erwartet. Im Vordergrund des Romans stehen große Gefühle
insbesondere die leidenschaftliche Liebe zwischen Isabel und Miguel gerade sie rücken die
historische Realität in fassbare spürbare menschliche Nähe. Die großen Gefühle lassen aber
genügend Raum für einen realistischen Ausblick auf manche vergessenen oder vielleicht auch
verschwiegenen Dimensionen einer dunklen Phase der europäischen Geschichte. Aktualität gewinnt
der Roman durch die Thematisierung des Nebeneinanders der drei Weltreligionen Judentum
Christentum und Islam. Diese Religionen blicken durchaus auf eine Vergangenheit mit anderen
Vorzeichen als uns in jüngster Zeit Politik und Medien nahe legen wollen zurück. Elif Shafak
rückt in diesem Roman auch das von vielen Europäern und US-Amerikanern heute noch kultivierte
exotische Viorstellung des Orients zurecht und karikiert dabei dezent und gelungen berühmte
Schriftstellerkollegen aus der Türkei.