In diesem Buch prallen Welten aufeinander. Die digitale Revolution scheint wie ein Angriff auf
den etablierten Musikbetrieb. Dieser gilt nicht nur dem Klangkörper sondern dem Studium der
Praxis der Vermittlung der Aufführung und der Verbreitung neuer wie alter ernster Musik
überhaupt. Die hier vertretenen Positionen lassen einen Generationenkonflikt vermuten derer
die mit der Selbstverständlichkeit im Umgang mit dem Computer als einer zweiten Welt
aufgewachsen sind und sich mit der Quantifizierung und Beschleunigung einen Zugewinn an
Freiheit versprechen mit dem der sich einem emphatischen Werk- und Kunstbegriff verpflichtet
sieht und damit dem Immanenzprozess künstlerischer Produktion. Fortschrittsgläubigkeit in der
Kunst ist keine neue Sache. Vor gut hundert Jahren formulierte Filippo T. Marinetti sein erstes
Futuristisches Manifest einer neuen Maschinenkunst. Es sollte aber hundert Jahre dauern bis
die technischen Möglichkeiten auch einen qualitativen Quantensprung erahnen lassen. An dem
Punkt der Qualität scheiden sich nun die Geister. Und: Erschlägt das Konzept die Idee oder geht
letztere im ersten auf... Komposition musikalische Praxis und musikalische Wahrnehmung stehen
an einem Scheideweg. Die rasche Entwicklung der digitalen Welt samt ihrer Vernetzung wird für
die musikalische Kreation nicht folgenlos bleiben. Zu lange Zeit war es still um
musikästhetische Differenzen in neuer Musik. In der vorliegenden grundsätzlichen Kontroverse
werden nun überfällige und drängende Fragen an die Zukunft neuer Musik gestellt und teils
polemisch ausgefochten. Die Kontroverse die nach Harry Lehmanns Eingangstext zwischen Johannes
Kreidler und Claus-Steffen Mahnkopf geführt wird bleibt schlussendlich ergebnisoffen und wird
sicher zu Folgediskussionen Anlass geben. Mit den abschließenden Beiträgen wurden persönliche
Texte aus dem erweiterten Umfeld der Debatte vereinbart.