Was hat den kleinen Mann bloß an den Nordpol getrieben? Er ist Philosoph. In der Eiswüste der
Abstraktion will er seine Gedanken klären. Da kommt ihm ein anderer Bewohner der Polarregion in
die Quere: der Weihnachtsmann. Der ist gar nicht erfreut über seinen neuen Nachbarn diese
reflektierende Quasselstrippe. Trotz ihrer ultimativen Höflichkeit streiten sie sich bald.
Worüber? Über Weihnachten natürlich. Und darüber dass der Weihnachtsmann sagt der Philosoph
nur eine fromme Ideologie unters Volk der Kaufsüchtigen bringe. Der ist gar nicht dieser
Meinung. Der Weihnachtsmann wendet seine ganze Berufserfahrung auf um den Philosophen vom
Gegenteil zu überzeugen. Er hat einen entscheidenden Vorteil. Er kennt die großen Denker
persönlich. Zwar nur von wenigen Minuten am Weihnachtsabend her aber immerhin! Während der
Philosoph nur deren Werke zitieren kann. Unser Philosoph erblasst vor Neid. Philosoph und
Weihnachtsmann verabreden eine Wette. Der Philosoph begleitet den Weihnachtsmann im
Rentierschlitten und schaut ihm kritisch über die Schulter. Dann werde man ja sehen ob
Weihnachten das Fest der edlen Herzen oder die banale Geschenkorgie voll kalter Berechnung sei.
Der Philosoph erwartet ein Fest der Ideologiekritik das den faulen Zauber genüsslich entlarvt.
Der Weihnachtsmann schwelgt in seiner festlich gestimmten Welt. Jeder versucht nach Kräften
den anderen auszubooten. Der Weihnachtsmann ist sich seiner Sache sicher. Der Philosoph darf
besonders schwierige Kunden frei auswählen. Gemäß seiner Wunschliste besuchen sie am
Weihnachtsabend Immanuel Kant in Königsberg Søren Kierkegaard in Kopenhagen Karl Marx in
London Walter Benjamin in Berlin und Theodor W. Adorno im noch halb zerstörten Frankfurt. Bei
jedem Besuch erleben sie ihr blaues Wunder.