Es ist schon seltsam: Je mehr die Bevölkerung den rheinischen Dialekt liebt desto mehr ist er
rückläufig. Als ich am Tag des offenen Denkmals eine Burgenführung ¿in Platt¿ durchführte
nahmen in der Mehrzahl Neubürgerinnen daran teil. Und die wollten dann ¿ wie man es beim Kölner
Karneval gewohnt ist ¿ ganz selbstverständlich möglichst humorvolle Erklärungen. Den echten
Rheinländer erkennt man nicht nur am Verschmähen des Genitivs sondern auch am Tonfall. Und das
auch dann wenn er Hochdeutsch spricht. Zusätzlich natürlich auch am datt und watt. Weil ich
schon Wörterbücher sowie Bücher über rheinische Sprichwörter Anekdoten und Gebete geschrieben
habe bin ich mehrmals gebeten worden auch ein Buch über den hiesigen Genitiv und seine
Mitläufer zu schreiben. Das habe ich nun hiermit getan. Der Titel dieses Buches ist eigentlich
irrig weil es den rheinischen Genitiv so gut wie nicht gibt. Er wird wie sich in den
folgenden Kapiteln zeigt mit dem Dativ mit ¿von¿ oder mit ¿sing¿ umschrieben. Im Rheinland
gibt es im Vergleich mit der hochdeutschen Sprache auch noch viele andere Eigenheiten. Hier
fällt vor allem das Verkürzen bei Tätigkeitswörtern auf wenn es beispielsweise hadde statt
¿habt ihr¿ und somme statt ¿sollen wir¿ heißt. Im Gegensatz dazu gibt es hier treffende
Verlängerungen durch die Steigerung von Eigenschaftswörtern wie bei knattschverdötsch und
scheißejal. Sogar Tätigkeitswörter kann man hier steigern wie wir es von schibbelich laache
kennen. Man muss bekanntlich immer sehr gut aufpassen wenn von Essig Mennig und Reisig die
Rede ist und es andererseits dann Bottich Estrich und Rettich heißt. Da hat es der Rheinländer
leichter bei ihm werden auch die auf -ig endenden Wörter zu Essich Mennich und Reisich. Der
normale Deutsche hat es eben mit der Grammatik schwerer. Der Pilot fliegt beispielsweise zur
Erde hinab während das Flugzeug für den unten Wartenden zur Erde herab kommt. Im Rheinland ist
das einfacher denn in jedem Fall kütt datt Fluchzeuch eraff. Diese einmalig mit der Heimat
verbundene Mundart ist eine Sprache des Herzens weil sie aus dem Volk gewachsen ist. Sie ist
sogar viel aussagekräftiger und treffender als unsere Schriftsprache. Sogar so vielseitig und
passend dass es oft kaum möglich ist dafür das richtige hochdeutsche Wort zu finden. Für
Klätschohch Fibbes stivvele und viele andere Bezeichnungen gibt es eigentlich keine
überzeugende Übersetzung. Johanna Schopenhauer hat schon im Jahre 1828 geschrieben dass die
rheinische Mundart sehr eigentümlich sei. Einem Außenstehenden würde es kaum gelingen sich
diese ¿ganz anzueignen und gäbe er sich auch die größte Mühe¿. Man ist eigentlich nur als Kind
oder Jugendlicher in der Lage diese Mundart zusammen mit anderen richtig zu lernen und zu
sprechen. In früheren Zeiten gab es so genannte Originale über die noch lange erzählt wurde.
In geringer Zahl gibt es die auch heute noch. Sie hatten und haben fast immer eine gewisse
Narrenfreiheit. Wie der Jupp der zum Pastor sagte: Für all Lück saren ich Du nur für dich
net.