Ulrich ist Knecht. Er weiß es nur noch nicht. Ulrich Aignschaft vieux garçon von Beruf
Kunsthistoriker wohnhaft in Berlin Prenzlauer Berg. Er ist begabt und hat studiert. Eigentlich
sollte er weit gekommen sein. Doch trotz so günstiger Voraussetzungen scheitert er. Arbeitslos
von der Freundin verlassen muss er aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Die Freunde wenden
sich von ihm ab. Sein altes Leben ist dahin. Für Ulrich keine Chance auf einen Neuanfang. Mit
der neuen Freiheit die sich wie ein Abgrund vor ihm auftut scheint er restlos überfordert. Er
verliert zunehmend die Kontrolle über sein Leben. Der Bauernsohn entkommt seinem Schicksal
nicht: Vor den Ruinen seiner Existenz wird er eine so ungewöhnliche wie befreiende Entscheidung
treffen: Er wird Knecht. Der Knecht ist ein tragikomischer Nichtsnutz der viel einstecken
muss: Faustschläge Ratschläge Tiefschläge und Rückschläge. Aber Ulrich lässt sich nicht
unterkriegen und erteilt dem eigenen Lebensentwurf eine Absage. »Der Knecht« ist eine
Anti-These zum affirmativen Berliner Lifestyle-Roman. Diego Castro unternimmt den Versuch einer
Kulturanalyse die sich der Romanform bedient. Das Besondere am Ich-Erzähler Ulrich Aignschaft
ist dass er ein schreibender Protagonist ist. So wie viele in der Einsamkeit beginnen
Selbstgespräche zu führen so schreibt er in seiner ihm eigenen Mischung aus Kulturtheorie
Soziologie und individuellen Befindlichkeiten. Ulrich schreibt über Malerei Performance und
Pop-Kultur über Architektur Städtebau und Politik. Auf verschiedenen Ebenen behandelt er die
Frage von Inklusion oder Exklusion von Gemeinsamkeit oder Einsamkeit vor dem Hintergrund einer
neoliberalen Gemengenlage zwischen Partizipation und Individualisierung. Diego Castro hat mit
diesem lesenswerten Buch einen künstlerisch-wissenschaftlichen Text erschaffen in dem es
gelingt vielseitige kunsttheoretische Überlegungen und Theorien in eine ganz eigene
Romanhandlung zu integrieren. Entstanden ist ein unterhaltsames und gut recherchiertes
Experimentalwerk das zwischen modernem Berliner Künstlerroman und Kulturtheorie changiert.