Alt geworden sind sie nicht - die Hanauer Kleinbahnen. Was mit ihrer Eröffnung im Jahr 1896 so
vielversprechend begann endete nach nur 37 Jahren als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise
mit der Betriebseinstellung sowie dem Abbruch der Bahnanlagen. Mit insgesamt lediglich rund 20
km Streckenlänge auf den normalspurigen Zweigen von Hanau Nord nach Hüttengesäß und
Langenselbold zählte das Unternehmen zwar keineswegs zu den Großen unter den Kleinen dennoch
war es in vielerlei Hinsicht eine besondere Kleinbahn deren Geschichte und Besonderheiten nun
eine eingehende Dokumentation verdient haben. Der Kleinbahn mangelte es keineswegs an Zuspruch
sondern vielmehr an unternehmerischem Interesse. Mit gehörigem Enthusiasmus und Engagement -
finanziell unterstützt durch den Kreis und die Stadt Hanau - errichtete der Unternehmer Hermann
Christner die Kleinbahn auf Privatinitiative bevor er sie in eine Aktiengesellschaft
einbrachte deren Verkauf an die Vereinigte Eisenbahn-Bau- und Betriebs-Gesellschaft (VEB) in
Berlin ihm einen ansehnlichen Gewinn eintrug. Die VEB übernahm mit dem beträchtlichen Kaufpreis
ebenso eine hohe Hypothek die den Kleinbahnbetrieb zeitlebens belastete während sie sich von
Berlin aus nur beiläufig um ihre hessische Beteiligung kümmerte - ein fataler Fehler wie sich
nach dem 1. Weltkrieg zeigen sollte. Das Beförderungsaufkommen hätte durchaus eine solide
wirtschaftliche Basis ermöglicht: Jahr für Jahr zählte die Kleinbahn mindestens eine halbe
Million Fahrgäste 1919 gar eine Million. Die zur Eröffnung im Jahr 1896 vorhandenen zwölf
vierachsigen Personenwagen reichten schon im zweiten Betriebsjahr nicht mehr aus so daß bis
1911 weitere vier Stück beschafft wurden. Die Arbeiterzüge bestanden stets aus sieben
Vierachsern manche Personenzüge gar aus zehn Stück. Der Güterverkehr blieb zwar hinter den
Erwartungen zurück dennoch fielen nach einem holprigen Anlauf regelmäßig weit mehr als 30.000
t pro Jahr an. Von derartigen Werten konnte manch andere Kleinbahn nur träumen. Das Grundübel
lag einerseits in den Niedrigtarifen des Arbeiterverkehrs und andererseits in den hohen Kosten
für die Instandhaltung der überaus einfach gehaltenen Anlagen. Die finanziellen Möglichkeiten
erlaubten weder eine Grundsanierung noch gewisse Erweiterungen so daß sich der Zustand der
Anlagen zusehends verschlechterte. Überdies verlagerte sich der Verkehr mehr und mehr auf die
Straße sei es durch den wachsenden Kraftverkehr oder auch durch die steigende Zahl
radfahrender Pendler die lieber mit Muskelkraft zur Arbeit fuhren. Der Verkehrsanstieg auf
Wegen und Straßen forcierte letztlich das Ende der Kleinbahn denn auf knapp der Hälfte der
Gesamtlänge besaß sie keine separate Trasse sondern nutzte öffentliche Straßen. Die
Arbeitsbeschaffungsprogramme im Dritten Reich mit erheblichen Ausgaben für den Straßenbau
unterbanden jegliche Diskussion um den Fortbestand der Kleinbahn. Großzügig ausgebaute Straßen
später auch Autobahnen nutzen heute zum Teil die einstige Kleinbahntrasse von der fast keine
Überreste verblieben sind.