Dass das Werk eines der bedeutendsten niederländischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts noch
nie ins Deutsche übersetzt wurde hat mit der Radikalität seiner Deutschlandromane zu tun. Sein
wichtigster der Holocaust-Roman Der Schädelbohrer von Fichtenwald erzählt nicht nur aus der
Täterperspektive über die Gräueltaten in den Konzentrationslagern sondern verzerrt die
Wirklichkeit zu einer grotesken Revue die sich wie ein umgekehrter Schöpfungsakt liest. Eine
mitunter verstörende Leseerfahrung von großer Dringlichkeit. Im Mittelpunkt des 1976 verfassten
Romans steht Friedolien ein buckliger unzuverlässiger Erzähler Barpianist und SS-Scherge
der nach Anerkennung und Wertschätzung der "neuen Herrenmenschen-Elite" strebt aber ständig
von ihr gedemütigt wird. Ort der Handlung ist das fiktive Konzentrationslager Fichtenwald das
mit seinen Baracken Wachttürmen und Stacheldraht unschwer als solches erkennbar ist bei
Fridolien aber als Sanatorium daherkommt wo Patienten in einer "Atmosphäre geschützter
Abgeschlossenheit" ihrer baldigen Genesung entgegensehen. Aber auch sein kranker Geist kommt
irgendwann zu der Erkenntnis: "Die einzige menschliche Emotion die bleibt ist der Hass und
mit diesem Hass haben wir unter anderem Fichtenwald aufgebaut." Wie eingehend Ferron mit der
Geschichte des "Dritten Reiches" vertraut war und wie genau er einige Protagonisten seiner im
wahrsten Sinne des Wortes irren Geschichte nach der unheilvollen Wirklichkeit gezeichnet hat
erhellt das Nachwort von Jan Konst dem besten Kenner von Ferrons Werk.