Aus der langjährigen künstlerischen Zusammenarbeit von Merle Kröger und Philip Scheffner ist
ein umfassender Korpus literarischer und audiovisueller Arbeiten entstanden. Die
kontinuierliche Auseinandersetzung mit den Geistern der politischen Vergangenheit die die
gegenwärtigen Grenzregime Europas und ihren strukturellen Rassismus prägen steht im Zentrum
ihrer Arbeiten. Durch die Erweiterung der Konventionen des politischen Thrillers einerseits und
des dokumentarischen Films andererseits eröffnen sie neue Denk- und Aushandlungsräume für die
künstlerische Praxis und den theoretischen Diskurs. Der Band bringt unterschiedliche
Textgattungen in den Dialog: In Arbeitsgesprächen einer Auswahl von Archivtexten sowie
akademischen essayistischen und persönlichen Beiträgen beleuchtet er die Entstehungsprozesse
von Romanen und Filmen und fragt nach den Ur-sprüngen den Methoden sowie den ethischen und
politischen Prinzipien der Zusammenarbeit und der Erarbeitung innovativer selbstreflexiver
Formate. Ausgewählte Archivtexte aus den 90er Jahren der Zeit der Künstlergruppe Botschaft
e.V. und des Kollektivs dogfilm verweisen auf die frühe Auseinandersetzung mit dem
Dokumentarischen als politischer Arbeitsweise und mit dem Fernsehen als Raum für neue Formate
bereits bevor diese Fragestellungen in den 2000ern unter dem Begriff des »documentary turn«
diskutiert wurden.Ein besonderer Fokus des Bandes liegt auf der empirischen Recherche von
Kröger und Scheffner. Autorschaft Konventionen des künstlerischen dokumentarischen sowie
akademischen Arbeitens aber auch die Möglichkeiten des politischen Arbeitens generell werden
radikal hinterfragt und deren Grenzen kontinuierlich erweitert. In dieser Herangehensweise
besteht die hohe Relevanz der Arbeiten im Kontext aktueller Diskurse zur künstlerischen
Forschung.Krögers und Scheffners gleichzeitige Arbeit an Filmen und Büchern zeichnet zudem aus
dass sie sich nicht auf die Einteilung in das Filmisch-Dokumentarische einerseits und das
Fiktional-Literarische andererseits reduzieren lässt. Fiktion wird in den Filmen und den
Büchern auf verschiedenen Ebenen verhandelt und ist gleichzeitig Methode in Bild Ton und
Wort. Indem sie die realen Möglichkeiten von Fiktion erkennen aber auch die Gewalt von bspw.
staatlich verordneten Fiktionen die wiederum Realitäten schaffen liefern Kröger und Scheffner
im Kontext zeitgenössischer Debatten einen gleichermaßen herausfordernden großzügigen und
dringlichen künstlerischen Beitrag.