Filmplakate gibt es so lange wie es Filme gibt. Bereits die Gebrüder Lumière bewarben ihre
Filme mit Anzeigen und Plakaten - wenngleich diese lediglich aus Text bestanden. Je mehr jedoch
der Film zum Massenmedium und Industrieprodukt wird desto wichtiger wird professionelle
Werbung. Es entsteht Gebrauchsgrafik die heute Auskunft über die Sehgewohnheiten von damals
gibt.Ab etwa 1920 ließen die großen Berliner Kinos eigene Plakate drucken. Allein der hier
mehrmals vertretene Josef Fenneker schuf für das Marmorhaus am Kurfürstendamm einige hundert.
Er verarbeitete Eindrücke aus Expressionismus Art déco und Jugendstil. Nicht zuletzt diese
stilistische Vielfalt machte die Werke zu eindrucksvollen Dokumenten die man auch zur
Illustration und atmosphärischen Schilderung der Weimarer Republik heranzog.Theo Matejkos mit
dickem Kreidestrich gezeichneten Plakate kamen der Theatralik des Stummfilms entgegen. Sicher
war das ein Grund für seinen Erfolg in Berlin. Madame Dubarry (Seite 42) war im Januar 1919 in
Wien uraufgeführt worden nachdem im 7. Akt Szenen der französischen Revolution der Zensur zum
Opfer gefallen waren. Auch Matejkos Plakat stieß auf Widerspruch bei der Wiener
Polizeidirektion und musste vor der Plakatierung noch die Hürden der Zensur bewältigen.Später
meinte er: O bitte auch der Umgang mit Zensur will gelernt sein. Schließlich beherrschte ich
sie in Wien. Dort malte ich die Dubarry wie sie sich in den rauen Armen des Henkers windet.
Revolutionär - aufreizend! Da ich aber wie gesagt Zensur gelernt hatte verlor das Plakat
seinen revolutionären Reiz nach einer kurzen Unterhaltung mit dem Landeshauptmann. Die
Revolution ist in Wien noch immer nicht ausgebrochen. Aber daran mag die Schläfrigkeit der
Wiener schuld sein.Wie bei einigen anderen bleibt auch bei dem spannenden Plakat Matejkos
offen welchen Film es bewerben sollte. Vielleicht wurde die Produktion infolge der
Hyperinflation von 1923 abgebrochen und es blieb beim Entwurf ohneSchrift.Robert Leonards
Plakat für Ernst Lubitschs 1923 in Wien uraufgeführtes frühes Meisterwerk Die Flamme ist eine
besondere Kostbarkeit weil weltweit kein Exemplar mehr existiert.Die hier reproduzierte
Broschüre begleitete die Ausstellung im Berliner Club der Filmindustrie in der Friedrichstraße.
Das aufwendige Druckverfahren der teils handkolorierten Lithographien lässt eine kleine Auflage
vermuten. Bislang sind nur zwei weitere Exemplare bekannt geworden. Das Design stammt von
Auchter- Arndt.Der Produzent P. Davidson schreibt: Das Ausland liebt nicht so unrecht im
Plakat große Köpfe zu bringen. Sie bieten Einführung Dieses in ihrer psychologischen Wirkung
gerade auf den naiven Passanten ein sehr stark wirkendes Moment: den mimischen Ausdruck.
Leonard gibt mit Alles für Geld ein Beispiel.Das Plakat zieht nicht nur durch das was es zeigt
vermutet Davidson sondern mehr vielleicht noch durch das was es verschweigt. Wenn das
Dargestellte die Phantasie und die Neugier des Beschauers anregt wenn es in ihm den Wunsch
aufkeimen läßt mehr zu sehen dann ist es vollendet.A. Günsburg klagt über die Programmzettel:
Man dürfe überzeugt sein dass einem in den Nilkammerspielen zu Zeiten Tutanchamuns Derartiges
nicht geboten worden wäre.Edwin Redslob spricht in seinem Geleitwort vom hohen künstlerischen
Reiz dieser nur auf den Moment berechneten Arbeiten. Es wird spätere Zeiten interessieren wie
hier eigentlich nicht der bestimmte Wille bewußter Auftraggeber entscheidend war sondern wie
vielmehr die Künstler aus eigenem Instinkt sich für die zu stellenden Aufgaben rüsteten und
ihre Auftraggeber oft gegen deren privaten Kunstgeschmack zu Ideen bestimmten die sich dann
stets auch sehr bald als die richtigen und wirksamen herausstellten.Heute schauen sich von
Fachleuten betreute Schüler gemeinsam Stummfilme an und reden darüber.