Die Demokratie so entnimmt man dem kurzatmigen Krisengerede sei eine akut gefährdete und
somit besonders zu schützende Spezies. Fahrlässig ausgeblendet wird dabei die Erkenntnis dass
die westlichen Gesellschaften sich seit Jahrzehnten in einer tiefgehenden geradezu
selbstzerstörerischen Krise befinden - haben sie es doch nach den politischen Katastrophen im
frühen 20. Jahrhundert versäumt sich ihrer selbst d.h. ihrer republikanisch-liberalen
Tradition bewusst zu werden. Die für die Lage Europas so folgenreichen Zäsuren von 1989 oder
2015 sind weitere sinnfällige Wegmarken ihres Dilemmas. Egon Flaig bezieht Position gegen die
fortschreitende gesellschaftliche Fragmentarisierung genährt von der Verabsolutierung
individueller Freiheiten und gegen die Erosion republikanischer Staatlichkeit durch das
unheilvolle Zusammenspiel von globalistischem Kapitalismus und Humanitarismus. Hieraus erwächst
dem aufgeklärten Konservativen die Aufgabe geistige und politische Haltepunkte wieder im
kollektiven Gedächtnis zu verankern. Denn der Konservative ermisst die Verluste die jeder
historische Wandel mit sich bringt und erkennt die Bedrohung aller Errungenschaften denen wir
unsere politische und kulturelle Selbstvergewisserung verdanken. Skeptisch blickt er auf die
emphatisch-aufklärerische Forderung nach uneingeschränkter Toleranz denn er weiß dass
kulturelle Unverträglichkeiten nicht verschwinden weil sie nicht in unser Weltbild passen. Im
einleitenden Manifest Was heißt heute konservativ sein'? und in einer umfassenden Grundlegung
des aufgeklärten Konservatismus unter zwölf Aspekten plädiert Egon Flaig für ein gestärktes
säkularisiertes Europa. Dessen rechtliche Verfasstheit für ein politisch organisiertes
Zusammenleben sieht er durch einen religiösen Fundamentalismus von außen und einen
pseudoreligiösen Humanitarismus von innen gefährdet. Beide ideologisch extreme Ausrichtungen
unterhöhlen den republikanisch-bürgerlichen Staat und seinen Gemeinsinn der Staat mutiert zur
bloßen Gesellschaft ohne Pflichten und Opferbereitschaft und ohne Verpflichtung zu kultureller
Dankbarkeit (als Bereitschaft zu Übernahme und Weitergabe).