Die Frage des Fortschritts und der Opfer die er fordern darf wird zu allen Zeiten immer
wieder neu verhandelt. Den Annehmlichkeiten der Technik und des Wohlstands die dem Fortschritt
zugeschrieben werden werden dann der Verfall der Sitten die Ödnis der gleichgeschalteten Welt
oder der Raubbau an der Natur und die der Technik innewohnenden Gefahren entgegengehalten.
Sieferles Studie "Fortschrittsfeinde?" ist ein Beitrag zu dieser Frage um die 1984 als das
Buch zuerst erschien vor dem Hintergrund der Debatte um die Nutzung der Kernenergie in der
Öffentlichkeit aggressiv gerungen wurde. Sieferle stellt diese Debatte auf eine
quellengesättigte historische Basis und entzieht sie damit der Tagespolitik. Er verfolgt die
Linien der Fortschrittskritik über die Wirtschaftswunderzeiten den Nationalsozialismus die
Lebensreformbewegung und die soziale Frage des 19. Jahrhunderts zurück bis zur Romantik. Dort
macht er mit der Industrialisierung die entscheidende Weichenstellung aus an der sich die
klassische vorindustrielle Zivilisationskritik erschöpft hatte. Sieferle unterscheidet zwei
Formen der Kritik die sich von diesem Punkt bis in die Gegenwart verfolgen lassen. Eine
progressive Gesellschaftskritik die sich vor allem den sozialen Auswirkungen der
Industrialisierung widmet und danach strebt diese Probleme durch eine Revolution zu lösen und
eine konservative Zivilisationskritik der es darum geht die überlieferten Strukturen als
überlebensnotwendig zu deklarieren. Den Sieg haben in der Gegenwart die Progressiven
davongetragen die allerdings vor dem Problem stehen ihren universalistischen Anspruch mit
begrenzten Ressourcen in Deckung bringen zu müssen. Da Sieferle diesen Widerspruch deutlich
macht bleibt seine Studie aktuell. Seine Neuentdeckung der kulturpessimistischen Tradition der
Vergangenheit ist für die Gegenwart von größter Wichtigkeit.