Mit "rabensingen" legt die Dresdner Musikerin und Autorin Anna Zepnick ihr Debüt in der "Reihe
Neue Lyrik" vor. Ihr Blick richtet sich auf das was wir vermeintlich als Alltag kennen vom
Freundes- und Familienkreis über die Natur bis hin zu Kinobesuch und Schulweg. Ihr Ton ist frei
von Pathos zuweilen ironisch sprachlich geschärft. Sprichwörtliches wird aufgegriffen
variiert und trägt zur Bereicherung der dichterischen Sprache bei. Ganz selbstverständlich
gelingt es der Autorin Alltagsszenen mit Poesie aufzuladen. "Wenn ich so lebe zwischen Socken
und Löffeln" heißt es etwa in ihrem "Lied" das zugleich für die Musikalität der Dichtung
steht. Dabei entwickelt sie sowohl längere Formen wie in dem beeindruckenden Fragment an die
Großmutter als auch Gedichte mit knapper genau akzentuierter Diktion. - Der Rabe dessen
"Singen" dem Band den Namen gibt ist der Symbolvogel schlechthin und wird in der Mythologie
mit Hexerei aber vor allem mit Weisheit assoziiert. Anspielungen an Märchen und Mythen werden
nicht nur im Aschenputtel-Gedicht "ruckedigu" deutlich wo sich das goldene Kleid in einer Nuss
findet. Neben diesen symbolischen Momenten wird der Rabe auch durchaus realistisch ins Bild
gerückt wenn er im Müll nach Nahrung pickt. - Anna Zepnick bietet in diesem erstaunlich
ausgereiften Band einen Blick in eine Dichtkunst die ihre Stärke aus dem Lebensalltag bezieht
und zugleich sprachspielerisch darüber hinausgeht und dabei Augenblicke großer dichterischer
Intensität schafft.