M it seinem Eintritt in Weimar im Jahre 1775 und seiner Einstellung als Staatsminister türmen
sich in Goethes Leben Rätsel auf. Er soll nur oberflächliche Beziehungen zu Frauen unterhalten
haben. Seine Liebeslyrik gilt als kommandierte Poesie eines Verwerters von Gefühlen seine
Geliebten sollen ihm lediglich als emotionaler Rohstoff gedient haben. Doch seine Liebeslyrik
zeugt von tiefster Liebesempfindung für »eine Einzige«. In dieser Doppelbiographie löst der
Rechtshistoriker Ettore Ghibellino erstmals diese Widersprüche auf. Archimedischer Punkt ist
die Annahme eines Staatsgeheimnisses: Goethe und Herzogin Anna Amalia waren ein Liebespaar
aufgrund der unverrückbaren Standesschranken wurde es verborgen. Die Verbindung zwischen einer
Fürstin und einem Bürgerlichen war verboten: Pflicht- und Zwangsehen innerhalb des eigenen
Standes bestimmten die Heiratspolitik in der Monarchie ohne jede Rücksicht auf Liebe und
Gefühle. Die Tatsachengrundlagen werden von Ghibellino umfassend unter Aussortierung von
Legenden und Glaubenswahrheiten evaluiert. Ein neues unvoreingenommenes Bild von Goethe und
Anna Amalia kommt zum Vorschein. Bereits 1846 erkannte ein Goethebiograph Anna Amalia als
Goethes Geliebte. Doch das Fürstenhaus in Weimar hielt am Staatsgeheimnis fest und leitete 1848
einen folgenreichen Sündenfall an der Kunst ein: Goethes angeblichen Briefe an »Charlotte von
Stein« wurden veröffentlicht. Keiner verstand dieses Verhältnis eine kritische Untersuchung
fand jedoch aus ideologischen Gründen nicht statt. Der Zugriff zu Goethes Nachlass wurde erst
53 Jahre nach seinem Tod möglich wichtige Dokumente verschwanden in der fürstlichen
Privatbibliothek: ideale Bedingungen für eine kulturpolitische Intrige von großer Tragweite.
Erstmals konnten sechs Zeitgenossen Goethes aufgespürt werden die auf Charlotte von Stein als
Medium einer Inszenierung hinweisen. Hinzu kommen Dutzende weiterer Zeitgenossen die mittelbar
auf das Staatsgeheimnis hinweisen. Auf dieser Grundlage gelingt es die »stumme Sprache« der
Kunst zu entschlüsseln derer sich Anna Amalia und Goethe bedienen um ihr Schicksal
mitzuteilen. Gemälde und Skulpturen werden in einen biographischen Kontext gesetzt die
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