Es sungen drei Engel... nicht nur zu Weihnachtenoder... nicht nur zur WeihnachtszeitDer Musiker
und Komponist Hermann Anders hat für seine zweite Kooperation mit Samtblech dem exquisiten
Blechbläserensemble des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB) vierzehn mehr oder weniger
bekannte geistliche und weltliche Songs aus aller Welt die in der Schatztruhe historischen
Liedguts bisher ganz unten lagen oder nicht mehr hineinpassten für Gesang und vier
BlechbläserInnen neu arrangiert. Jazz? Kammermusik? Neue Weihnachtslieder? Aber vielleicht
passt ein solches Schubladendenken gar nicht mehr in unsere Zeit? Schubladen sind schließlich
dazu da um geöffnet zu werden.Im späten Mittelalter wurden erste geistliche Lieder in
Volkssprachen populär die in geistlichen Spielen zu Prozessionen und im häuslichen
Gottesdienst gesungen wurden. Was wäre die Reformation ohne Choräle? Allein Nikolaus Ludwig
Graf von Zinzendorf und Pottendorf Gründer und Bischof der Herrnhuter Brüdergemeinde hat etwa
2000 geistliche Lieder für den alltäglichen Gebrauch gesammelt komponiert und gedichtet. Diese
populäre geistliche Musik bereitete den Boden für weltliche Volkslieder von denen einige
später auch zum Soundtrack diverser Revolten und Revolutionen wurden.Aber Samtblech ist nicht
Stahl und Revolutionen werden nicht immer auf der Straße entschieden sondern bisweilen auch
im Saal im Salon oder bei konspirativen Treffen. Die Akteure dieses Projektes gehören allesamt
zur leiseren Fraktion. Ihre Musik kommt ohne Fanfaren Trompeten und diverses Schlagwerk daher.
Und wenn Maria durch den Dornwald geht um drei blühende Rosen zu betrachten singt sie keine
lauten Lieder. Die vier Samtblech-Bläser sind absolute Meister der subtilen Töne und Hermann
Anders hat ihnen und der Sängerin Uschi Brüning eine sehr individuelle Musik arrangiert die
auf Zwischentöne auf Nuancen und auf Ensemblespiel setzt.Georg Schwark spielt mit der Tuba das
größte und am tiefsten klingende Blechblasinstrument - lange Jahre als Solo-Tubist beim
Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin in der Hannes Zerbe Blech Band mit dem Liedermacher
Hans-Eckart Wenzel in einem Salonorchester und in Klezmer-Bands. Sein Repertoire reicht von
Robert Schumann bis Luigi Nono von Johann Sebastian Bach bis Krzysztof Penderecki. Anne
Mentzen im Hauptberuf beim RSB ist bei Samtblech Hornistin. In beiden Formationen steht ihr
Simone Gruppe an Trompete bzw. Flügelhorn zur Seite. Hannes Hölzl spielt im RSB Soloposaune
bei Samtblech ergänzt er auf dem Euphonium der kleineren Schwester der Tuba die Familie der
Bügelhörner.Die Sängerin Uschi Brüning hat bereits mehrfach mit Hermann Anders
zusammengearbeitet. In diesem Quartett fühlt sie sich hörbar zu Hause. Der Weg zwischen Klassik
und Jazz Spiritual und Soul ist für sie längst keine Gratwanderung mehr sondern immer wieder
eine Entdeckungsreise in neue Klangwelten abseits des Mainstream jenseits aller Kategorien.
Mit Ernst-Ludwig Luten Petrowsky hat sie einst den Free Jazz für sich entdeckt. Hermann Anders
kennt sie noch von der Klaus Lenz Band. Das Spiritual Nobody Knows The Trouble I've Seen
gehörte zum Repertoire von Manfred Krug der ihr bescheinigte: Sie kann schauspielen mit der
Stimme. Mahalia Jackson die dieses Lied beim Newport Jazz Festival zum Erfolg sang ist nach
wie vor eins ihrer großen Vorbilder. Auch Jazz Blues und Spirituals haben eine
Klassik-Abteilung. Und manchmal schließt sich ein Kreis: Der Bariton Harry Thaker Burleigh der
das Spiritual Nobody Knows The Trouble I've Seen als erster notiert hat war ein Schüler
Antonín Dvoráks. John Coltrane nutzte die Melodie als Grundlage für sein Stück Spiritual.
Archie Shepp Charles Mingus und Charlie Haden übertrugen das Spiritual in den Modern Jazz.
Uschi Brüning bringt ihre ganze Persönlichkeit ihren gesamten Stimmumfang in dieses Spiritual
ein und Samtblech demonstriert bereits im ersten Titel dass dieses auch als Instrumental
funktioniert.Bethlehe