Das Verfassungsprinzip der Menschenwürde soll ein für alle Menschen geltendes nicht
unterschreitbares Mindestmaß an rechtlichem Schutz gewährleisten. Der alltagssprachliche
Begriff der Würde schreibt diese aber nur bestimmten Menschen in bestimmten Situationen zu. Wie
kann eine besondere Verhaltenseigenschaft zugleich ein allgemein gültiges Rechtsprinzip sein?
Diese Frage nimmt der Autor zum Ausgangspunkt einer Problematisierung des
Menschenwürdebegriffs. Nach einem Überblick über die Begriffsgeschichte werden die wichtigsten
Begründungsansätze vorgestellt die Menschenwürde aus einer besonderen Leistung oder einer nur
dem Menschen zukommenden Eigenschaft (Gottesebenbildlichkeit Vernunft Selbstbestimmung)
ableiten bzw. sie durch ihre Beeinträchtigung ("vom Verletzungsvorgang her" Behandlung eines
Menschen als "bloßes Mittel") zu fassen versuchen. All diesen Diskursen ist gemeinsam daß sie
weder aufzeigen können warum Menschenwürde ein absolut schützenswertes Prinzip sein soll noch
warum zur rechtlichen Beurteilung einschlägiger Sachverhalte wie Diskriminierung oder
Demütigung über die Grundrechte hinaus die Menschenwürde benötigt wird. Daher schlägt Knörzer
vor das Menschenwürdepostulat im Sinne einer Anerkennung der Rechtssubjektivität zu deuten.
Dieses Prinzip ist weniger anspruchsvoll dafür aber handhabbarer was er durch eine
Interpretation umstrittener Themen wie Abtreibung Reproduktionsmedizin Rettungsfolter etc.
belegt. Kritisch sieht der Autor die politische Dimension des Menschenwürdepostulats. Im Zuge
der Umdeutung der Grundgesetzes in eine Wertordnung und der leistungsrechtlichen Akzentuierung
der Grundrechte hat sich die Bedeutung der abwehrrechtlichen Funktion der Menschenwürde
vermindert. Er plädiert daher für eine Rückkehr zur antitotalitären Ausrichtung des
Menschenwürdeprinzips.