Eugenio Montale der vielleicht größte Erneuerer einer italienischen Dichtung von Weltrang
wählte für seinen ersten Gedichtband von 1925 Ossi di Sepia ein Titelbild das Rätsel aufgibt.
Vielleicht ist es die Tentakelintelligenz der Kraken die nach der Moderne übrig bleibt von der
großen Hoffnung auf übersinnliches Sein und metaphysische Wahrheit vielleicht ist diese
geschmeidige Klugheit der Meeresbewohner auch eine Quelle für eine andere Form von
Wahrhaftigkeit in einer auf Technik und Wissenschaft eingestellten Welt vielleicht geht es ihm
um ein Sich-Treiben-Lassen und Gefunden-Werden im Leben oder um diese Auftriebskörper mit
denen die Sepien zum Licht schweben vielleicht sind auch einfach nur all diese Assoziationen
zusammengenommen das treffendste Bild für die Seele des Dichters. Im feinen Aufspüren dieser
myriadenfachen Deutungen und Assoziationen gelingt Emanuel Seitz mit dieser dichterischen Neu-
und eigentlichen Erstübertragung der Knochen eines Tintenfisches aus dem Italienischen das
Emporheben des fast vergessenen Nobelpreisträgers Montale auf die allerhöchste Bühne der
Dichtung unserer Zeit.