In dieser Studie werden die sogenannten Fassbinder-Kontroversen der 1970er- und 1980er-Jahre in
ihrem zeitgeschichtlichen Zusammenhang umfassend dargestellt und analysiert. Basierend auf
einer Reihe von zum Teil erstmals ausgewerteten schriftlichen und mündlichen Quellen
rekonstruiert Bianca Dommes den Verlauf die Konstellation und die Argumente in den
verschiedenen Kontroversen und legt die innere Tektonik eines der größten Theaterskandale der
bundesdeutschen Nachkriegszeit frei. Im Zentrum steht die Frage ob der Antisemitismus-Vorwurf
als Erklärung für den vehementen Kampf gegen das Stück hinreichend ist oder ob bei den
beteiligten Akteuren andere handlungsleitende Interessen zu identifizieren sind. Beim Blick auf
die Argumentationslinien der Aufführungsbefürworter und -gegner wird sichtbar dass das
Theaterstück »Der Müll die Stadt und der Tod« Anlass aber nicht Ursache der Kontroversen war.
Vielmehr bezieht es seine besondere Bedeutung aus der Rolle als Katalysator für eine längst
überfällige Debatte über das deutsch-jüdische Verhältnis nach 1945.