In der DDR kam es zu Zwangseinweisungen von Mädchen und Frauen ab dem zwölften Lebensjahr in
geschlossene Venerologische Stationen. Die medizinischen Behandlungen und der Aufenthalt in den
Stationen führten zu schweren Traumatisierungen der Zwangseingewiesenen. Allein der Verdacht
auf eine Geschlechtskrankheit oder eine Denunziation reichten aus um von der Polizei oder der
Heimleitung auf eine solche Station gebracht zu werden. Auf den Stationen wurde durch eine
politisierte Medizin ohne Aufklärung und Einwilligung der Zwangseingewiesenen in die
körperliche Integrität der Mädchen und Frauen eingegriffen. Obwohl 70 Prozent nachweislich
keine Geschlechtskrankheit hatten mussten alle Mädchen und Frauen täglich eine gynäkologische
Untersuchung über sich ergehen lassen. In einigen Stationen mussten die Zwangseingewiesenen
Arbeiten verrichten. In anderen Stationen wurden die Mädchen und Frauen asyliert und von der
Außenwelt isoliert. In einem hierarchisch organisierten Terrorsystem wurden die
Zwangseingewiesenen körperlich wie psychisch gedemütigt und traumatisiert. Diese
Traumatisierungen wurden transgenerational weitergegeben. Am Beispiel von Berlin Berlin-Buch
Dresden Halle (Saale) und Leipzig werden die Entstehung der Stationen in der Sowjetischen
Besatzungszone der Alltag auf den geschlossenen Venerologischen Stationen sowie die
traumatischen Folgen der Zwangseinweisungen beschrieben. Für diese Rekonstruktion führten die
Autoren neben umfangreichen Archivrecherchen Interviews mit ehemaligen Zwangseingewiesenen
sowie mit Ärzten Krankenschwestern und Mitarbeitern der geschlossenen Venerologischen
Stationen durch.